Rundbrief April 2011


1. Nachtmusik im Land der Sufis
Buchbesprechung von Yogendra -


Von der Musik der pakistanischen Sufis hörte man hierzulande wohl zum ersten Mal 1997 mit dem von Peter Pannke organisierten Festival "Pakistani Soul" in Berlin und der gleichnamigen CD-Veröffentlichung. Vorher kannte man aus Pakistan allenfalls Qawwali-Star Nusrat Fateh Ali Khan oder die klassischen Khyal-Sänger Salamat und Nazakat Ali Khan. Vertieft wurde der Eindruck 1999 durch den prachtvollen Bildband "Troubadoure Allahs - Sufi-Musik im Industal" von Peter Pannke und Horst A. Friedrichs (mit Begleit-CD!). Dann herrschte fast 10 Jahre lang wieder weitgehend Funkstille.

Das Vorwort zu "Troubadoure Allahs" schrieb seinerzeit Jürgen Wasim Frembgen, ausgewiesener Pakistan-Kenner, Islamwissenschaftler und Ethnologe. 2008 veröffentlichte Frembgen dann unter dem Titel "Am Schrein des Roten Sufi" einen erfolgreichen eigenen Erzählbericht vom dionysischen Fest zu Ehren des Sufi-Heiligen Lal Schahbas Qalandar, in dem Musik eine bedeutende Rolle spielte. In seinem neuen Buch "Nachtmusik im Land der Sufis - Unerhörtes Pakistan" soll nun die Wahrnehmung und Erfahrung der spirituellen Sufi-Musik Pakistans ganz im Mittelpunkt stehen. Die äußere Form ist dabei die Reiseerzählung in der Ich-Form, mit der Frembgen von seinen Pilgerfahrten zu den Schreinen von Imam Gul, Schah Dschamal, Baba Farid und Schah Latif erzählt. Neben diesen vier Kapiteln widmet sich ein fünftes in einer Art Zeitreise der alten klassischen Musikkultur von Lahore.

Die Thematik ist für Liebhaber südasiatischer Musik höchst spannend - und trotzdem will der bei Frembgen deutlich spürbare Begeisterungsfunken nicht recht auf den Rezensenten überspringen. Warum? Da sind zum einen die breiten Raum einnehmenden Beschreibungen von Reiseerlebnissen, die zwar einiges von der Atmosphäre und den Anstrengungen der Pilgerei vermitteln, aber zum Musikverständnis nichts beitragen - dessen Essenz ist ja gerade ein mystisches inneres Erleben unabhängig von Raum und Zeit. Aber auch in seinen Musikbeschreibungen bleibt das Buch eigenartig oberflächlich. Frembgen ist zwar nicht als Tourist unterwegs sondern als frommer Pilger, aber sein Blick auf die Musik bleibt doch der eines Außenstehenden. Er beschreibt, was er sieht und hört und denkt, er gibt Liedtexte und Gespräche mit anderen Pilgern und Musikliebhabern wider, aber er sucht nie den direkten Kontakt und Austausch mit den Musikern. So bleiben seine Schilderungen beim verklärten Blick des Liebhabers stehen, statt einen entscheidenden Schritt weiter zu gehen und hinter die Kulissen zu blicken. Neue Einsichten sind so kaum zu gewinnen. Selbst wenn Fremdgen auf seine eigenen Empfindungen zu sprechen kommt, auf sein zutiefst Gerührtsein von der Musik, bleiben seine Beschreibungsversuche blass. Das an solchen Stellen immer wieder gesetzte emphatische Ausrufezeichen verrät letztlich vor allem, dass eine echte Sprache für das Erlebte fehlt.

Trotz dieser Schwächen ist das Buch natürlich lesens- und lobenswert, denn es gibt kenntnisreich intime Einblicke in eine Welt, die hierzulande nur den allerwenigsten aus eigener Anschauung bekannt sein dürfte. Der herzensfromme, lebensfreudige und tolerante pakistanische Sufi-Islam, den Frembgen beschreibt und propagiert, verdient es, gesehen und gewürdigt zu werden - sowohl von westlichen Islamkritikern als auch von radikalen Islamisten. "Würden die eifernden Mullas und andere Musik-Verächter doch nur erkennen, dass Klänge die Herzen öffnen und einige der Schleier zwischen Gott und den Menschen zu entfernen vermögen?, wie Jürgen Wasim Frembgen in seinem Nachwort wünscht, dann wäre für die Menschheit einiges gewonnen.

Nachtmusik im Land der Sufis ist für 16,- Euro überall im Buchhandel erhältlich. Andere deutschsprachige Bücher zu indischer Musik gibt es bei India Instruments auf der Medien-Seite


2. india! - Magazin für Lifestyle-Culture-Entertainment
Buchbesprechung von Yogendra -


Seit April gibt es mit india! ein neues monatliches Magazin vor allem für jüngere Indien-Fans. Der Schwerpunkt liegt auf der Pop-Kultur in Indien und in der indisch geprägten Diaspora weltweit. Dazu gibt es Star-Interviews und Berichte zu Musik, Clubszene, Filmen, Ausstellungen, Sport, Reisen und Events. Erklärtes Ziel von india! ist es, mit typisch indischen Stereotypen zu brechen und Indien als vielfältiges, spannendes Land zu zeigen. Redaktionell gemacht wird das Magazin von Sherry Kizhukandayil, in den letzten 10 Jahren in der Szene bekannt geworden mit seinem Ambassador Network und den Bombay Boogie Nights. Als stellvertretender Chefredakteur mit dabei ist Qamar Zaman von der Werbeagentur za:media.

Die Erstausgabe von india! kommt recht peppig im handlichen A5-Format daher und ist in ihrer Hochglanzerscheinung äußerlich nicht von gängigen Mode-, Beauty- oder Lifestylemagazinen zu unterscheiden. Trotz des schon hoch professionell gelungen Erscheinungsbildes bietet india! auf 58 bilderreichen, locker bedruckten Seiten bisher aber nicht all zu viel oder all zu anspruchsvollen Lesestoff. Freunde der klassisch-indischen Musik- und Tanztraditionen z.B. werden, von einigen willkürlich ausgewählten Konzerthinweisen abgesehen, leider gar nicht angesprochen. Und auch sprachlich holpert es in vielen Texten noch an einigen Ecken und Enden. Aber man darf die Ansprüche an ein solches Baby wohl nicht gleich zu hoch setzen. Die Schwächen sind den Machern offenbar bewusst, denn sie rufen am Ende ausdrücklich zu Feedback auf, um das Magazin von Ausgabe zu Ausgabe zu verbessern. So besteht Anlass zur Hoffnung, dass sich die inhaltliche Qualität von india! im Lauf der Zeit an das grafische Niveau anpassen mag. Tatkräftige Unterstützung dafür dürfte willkommen sein!

Weitere Infos und Abobestellung: india-magazin.de. Ein reines Online-Magazin gibt es auf: indienaktuell.de




3. Yoga und Musik in Gerode, Melle und Bad Meinberg
- Szene-Info -


Der Mai und Juni bieten gleich mehrere Gelegenheiten, indische Musik und Yoga miteinander in Verbindung zu erleben. Beim Yoga Vidya Musikfestival wird ein buntes Programm mit Konzerten und zahlreichen Workshops zum Ausprobieren geboten. Die Yoga Music Week in Melle konzentriert sich auf die Verbindung von Yoga und klassisch-indischem Raga-Gesang. Und beim Nada Yoga Seminar in Gerode steht die heilende Kraft des Klangs im Mittelpunkt.

  • Nada Yoga Seminar im Kloster Gerode vom 13. - 15.5.
    Nada Yoga berührt das Herz über den Klang und die Musik. Tönen und Kirtangesang gehören ebenso dazu wie Mantrarezitation, das Lauschen auf Musik und Ragas (Nada Upasana) und die Meditation auf Klang (Nada Trataka). Ein Seminar für alle, die Freude an der Verbindung von Yoga und Musik haben und die heilende Kraft der Musik in ihre Yoga-Praxis integrieren möchten. Seminarleiterinnen sind die beiden Nada Yoga Lehrerinnen Barbara Irmer und Carmen Mager, Autorinnen des Buches Nada Yoga, sowie die Tablaspielerin Laura Patchen. Weitere Infos und Termine: www.wegdermitte.de

  • Yoga Music Week im Kulturzentrum Wilde Rose in Melle vom 23. - 29.5.
    Tägliche Übungseinheiten in klassisch-indischem Raga-Gesang, in Mantra-Meditation und Obertongesang, in Kirtansingen, Tablaspiel und Gruppenimprovisation, in Hatha-Yoga und in Pranayama und Atemmeditation - das ist das intensive Programm der erstmals stattfindenden Yoga Music Week in Melle. Eine wunderbare Studiengelegenheit für alle Yogaübenden, die indischen Gesang lernen möchten und für alle indisch Singenden mit Interesse an einer Yoga-Vertiefung. Leiter sind die beiden Sänger Ashes und Alick Sengupta aus Kalkutta sowie Peter und Karin Bayreuther und Bernardo Juni.

  • 7. Yoga Vidya Musikfestival im Haus Yoga Vidya in Bad Meinberg 1. - 5.6.
    Das jährliche Musikfestival in Europas größtem Yogazentrum bietet Konzerte, Klang-Yogastunden, Hula-Tanz-Performance, Sufi-Lieder, Mantra-Singen, Meditation, Schamanische Heilreisen, Gesang- und Stimmbildung, AcroYoga, Clownsmusik, Heilgesänge, Poi-Workshop, indischen Tanz, Trommeln, Shiatsu, Bodypercussion - ein ungemein facettenreiches, vielfältiges Programm vom frühen Morgen bis tief in die Nacht, in dem für fast jeden Geschmack etwas dabei sein dürfte. Zu hören und zu erleben sind diesmal u.a. Satyaa & Pari, Sundaram, Hassan Dyck & Band, Indigo Masala, Ioanna Srinivasan, Rumi Projekt, Die Bhaktas, Spring, Maharani und Angelika. Weitere Infos: www.yoga-vidya.de



4. Klangarbeit mit Ragas (3) - Bhairava
- Hintergrundinfo von Thomas Meisenheimer -


Raga Bhairava gehört zu den bekanntesten Morgenragas und geht auf den tantrischen Shivakult zurück. Bhairava ist die furchterregende Form Shivas, der Kraft der Transformation. Im Sinne von Angst bedeutet der Name, dass Bhairava alle von Angst erfüllten Wesen befreit. "Bhairava ist derjenige, der durch seinen Glanz alles zum Tönen bringt, der alles schenkt und der das ganze Universum durchdringt", so heißt es in der alten kaschmirischen Schrift Vijnana Bhairava Tantra (übersetzt von Bettina Bäumer). Die Tonleiter dieses Ragas besteht aus Grundton (Sa), kleiner Sekunde (komal Re), großer Terz ( Ga), Quarte (Ma), Quinte (Pa), kleiner Sexte (komal Dha) und großer Septime (Ni).

Raga Bhairava wird am frühen Morgen um die Zeit des Sonnenaufgangs herum als Lob- und Dankeslied an das zurückkehrende Licht gesungen oder gespielt. Der Raga wirkt reinigend wie ein Morgenbad und aktivierend wie die Morgensonne, vertreibt so die Dumpfheit und Trägheit des Morgens und wird deshalb den meisten Schülern indischer Musik schon zu Beginn des Studiums empfohlen. Wie die Morgenröte kündet der Raga einen Neubeginn an - Bhairava ist ein Weckruf: Heraus aus alten Konditionierungen und festgefahrenen Egostrukturen! So aktiviert Bhairava die Lebensenergie und bringt sie wieder zum Fließen. Bhairava ist aber auch wie ein Ruf nach Hilfe und Gnade, ein sich anvertrauen an den allesdurchdringenden Lebensstrom, eine Rückbesinnung auf die Quelle allen Seins.

Raga Bhairava gibt mir immer wieder Mut und Kraft für Veränderungen, stärkt das Selbstvertrauen und nimmt mir all die kleinlichen Ängste und Sorgen des Alltags. Er weckt in mir die Erinnerung an den göttlichen Ursprung, löst das Gefühl der Getrenntheit und führt durch die Hingabe an das Numinose, jenseits aller Konzepte und Vorstellungen, zu einer Einheitserfahrung. Gerade in unserer Zeit des Wandels gibt mir dieser Raga Hoffnung und ein Gefühl des Getragenseins.

Dhrupad Gesang mit Uday Bhawalkar
Khyal Gesang mit Pandit Jasraj
Thumri Gesang mit Bhimsen Joshi
Bhajan Gesang mit Shobha Gurtu
Instrumental auf der Rudra Veena mit Hindraj Divekar
Weitere Infos und Videos

Seit über 20 Jahren beschäftigt sich Thomas Meisenheimer mit indischen Ragas, ihrer Wirkung und ihrem Einsatz als klangtherapeutisches Mittel. In der Reihe "Klangarbeit mit Ragas" stellt er seine Erfahrungen vor - nicht als allgemeine "Raga-Hausapotheke", sondern als Anregung zu eigenem Ausprobieren, Erleben und Erforschen.

 


5. Shivkumar Sharma in Berlin
- Konzertbericht von Sebastian Dreyer -


Der Santurpionier Shivkumar Sharma gehört zur kleinen Riege hochkarätiger klassisch indischer Instrumentalisten, die es im Westen auch bei nicht eingefleischten indischen Musikhörern zu einem gewissen Bekanntheitsgrad gebracht haben. Leider sind Konzerte von Musikern dieser Kategorie hierzulande selten geworden. Um so froher stimmte die Nachricht, dass Shivkumar Sharma mit seinem Sohn Rahul und dem Tablaspieler Sandeep Popatkar am 10. April in der Berliner Passionskirche spielen würde.

Im Vorprogramm konnte der in Berlin lebende iranische Perkussionist Mohammad Reza Mortazavi mit Sicherheit wieder Fans hinzu gewinnen. Seine Soli auf Daf und Tombak riefen akustische Halluzinationen ganzer Trommelensembles hervor. Erstaunlich auch, wie Mortazavi seinen Trommeln immer wieder Tonhöhenmodulationen entlockte, die an die südindische Kanjira erinnerten, jedoch wesentlich komplexere Melodiebögen bildeten. Melodien auf Rhythmusinstrumenten als Vorprogramm zu einem Konzert mit stark rhythmisch betonten Melodieinstrumenten? Eine gute Idee des Veranstalters Akanthus.

Shivkumar und Rahul Sharma hatten sich an diesem Abend für den aus Südindien stammenden Raga Charukeshi entschieden. In gewohnter Manier erklangen Alap und Jor, in denen sie sich im besinnlichen Dialog in den lieblich-melancholischen Charakter dieses Ragas vertieften. Die Komposition im siebenschlägigen Rupak-Taal zeigte die rhythmische Versiertheit der beiden Musiker. Die Interaktion mit dem Tablaspieler Sandeep Popatkar und die über sieben Zählzeiten gelegten Ektaal- und Tintaalfiguren boten das, was man sich von einem Konzert dieser beiden Künstler erwartet. All das wurde begleitet von einer sowohl inneren als auch äußeren Gelassenheit. Wo andere Musiker die Komplexität ihrer rhythmischen Unterfangen mit Grimassen und Gesten gern doppelt unterstreichen, hatte man bei Shivkumar Sharma stets den Eindruck, als blicke er hinter seinen geschlossenen Augenlidern über die Täler seiner kaschmirischen Heimat. Das abschließende Jhala schließlich entfaltete vollends seine hypnotische Wirkung, und es war wie eine kalte Dusche, als man erfuhr, dass das Konzert nach dem fulminanten Schluss-Tihai auch schon vorbei war. Nach über einer Stunde trance-zendenten Tuns hätte ein kurzes, vielleicht semi-klassisches Stück dazu beigetragen, leichter wieder in die schnöde physische Welt zurückzufinden. Zwar wollte der Applaus nicht abebben, aber die Künstler betraten die Bühne nur noch einmal, um sich zu bedanken und die Hoffnung zu  äußern, dass sie uns in Zukunft wiedersehen würden.

Dieser Hoffnung mochte man jedoch keinen Glauben schenken, denn Shivkumar Sharmas diesjährige Konzerte waren ausdrücklich als seine letzte Europa-Tournee angekündigt. Die Gründe dafür dürften allerdings kaum in seinem fortgeschrittenem Alter zu suchen sein - der 73-jährige schien sowohl körperlich als auch geistig in bester Verfassung. Eine Erklärung könnte eher im etwas enttäuschenden Publikumsbesuch liegen. Während noch vor einigen Jahren Meister der indischen Klassik in ausverkauften großen Hallen spielten, war das Parkett der Passionskirche wohl nur dank des äußerst attraktiven Vorprogramms einigermaßen zu füllen - Mohammad Reza Mortazavi hat in Berlin schließlich eine feste Fangemeinde. Trotzdem sorgten sowohl die Hauptkünstler als auch altbekannten Gesichter unter den Besuchern dafür, dass durch das Programm der Hauch vergangener Tage wehte, als hochwertige indische Konzerte noch regelmäßig und gut besucht stattfanden. Vielleicht entwickelt sich ja aus diesem Lüftchen irgendwann mal wieder ein beständiger Wind...

 


6. Erfrischendes Sitar-Duett in der Indischen Botschaft Berlin
- Konzertbericht von Silvia Ladewig -


Die Veranstaltungen in der Indischen Botschaft sind ein fester Bestandteil des indophilen Berliner Kulturlebens. Eine feine Gemeinde findet sich regelmäßig in dem raffiniert sachlich gehaltenen Festsaal der Botschaft für klassische Raga-Konzerte ein. Auch am 4.4. war das Haus sehr gut besucht. Mit Sebastian Dreyer aus Potsdam und Yogendra aus Braunschweig trafen sich zwei fähige deutsche Sitaristen zu einem Duett-Konzert (Jugalbandi). Beide sind Schüler von Partha Chatterjee und waren schon mehrfach mit anderen Ensembles in der Botschaft aufgetreten, hatten aber bis dahin noch nie zusammen gespielt. Ihnen zur Seite oder vielmehr in die Mitte gehockt begleitete der Tablavirtuose Ashis Paul aus Kalkutta.

Mit dem Jugalbandi ist es ja wie zwischen Frau und Mann - stimmt die Chemie, ist alles gut. Würde es auf Berliner diplomatischem Boden Ehezwist, Bollywoodhappyend oder - was vielleicht am schlimmsten wäre - eine menage tristesse geben? Ein Paar, das sich nichts (mehr) zu sagen hat?

Das Publikum war also gespannt als der Alap begann und die ersten Töne des Ragas Yaman erklangen. Und wie sie erklangen! Zarte, fließende, doch auch suchende Bögen wurden da entwickelt. Es schien, als wenn sich die beiden Musiker, eingedenk ihrer frischen musikalischen Beziehung, tastend auf einander zubewegten. Man will sich kennenlernen, will wissen, wie der andere denkt, wie er fühlt. Und so wurde der Alap zu einem fließenden Ganzen, bei dem es schien, als habe man den Yaman noch nie so zeitgedehnt gehört. Hat sie still gestanden, die Zeit? Als dann Ashis Paul einsetzte, war es als wenn die Zeit zurückschnellte in die Gegenwart. Sein präzises, klares, mitdenkendes und mitfühlendes Spiel nahm das Publikum ganz in seinen Bann. Vilambit und Drut absolvierten alle drei Musiker kreativ und stilsicher. Dass es nur einmal Szenenapplaus gab, lag nicht an den Spielern, sondern am gebannt lauschenden Publikum, das keinesfalls stören wollte. Es bewies selbst dann diszipliniert Haltung, als Sitarist Yogendra in der Ekstase des Jhalas beinahe wie ein yogischer Flieger der Transzendentalen Mediation davonzuhüpfen drohte...

Alles gut also bis zur Pause - und alles gut auch danach! Ragini Rageshwari im Rupak-Taal lief wie geölt und es schien, als habe Sebastian Dreyer hier ein besonderes Gespür für die weibliche Energie entwickelt. Und als Ashis Paul im Anschluss daran ein über fünfminütiges Tablasolo präsentierte, war das Publikum schon lange dahingeschmolzen. Es wollte mehr, bat die drei Musiker applaudierenderweise erneut auf die Bühne und bekam als Zugabe eine hübsche Komposition von Yogendra im Raga Bhupali in Dadra-Taal. S??! kann man dazu nur sagen, und ein lieblicher Abschiedsgruß an die Anwesenden. Die Blumensträuße gab es für die drei Mus(i)ketiere also verdientermaßen, und mit Fug und Recht kann man sagen, dass dieser Abend wohl der Beginn einer langen (musikalischen) Freundschaft war.

 

Zurück