Rundbrief Januar 2011


1. India Instruments - Rückblick 2010
- Firmen-Info -


Nach dem großen Einbruch der Weltwirtschaft 2008 / 2009 hat 2010 vielerorts eine vorsichtige Erholung oder sogar ein neuer Aufschwung eingesetzt. Trotzdem blieb das Wirtschaftsklima angespannt und die Schwierigkeiten des Euro sorgten für große Verunsicherung. Von all dem ist India Instruments erfreulicherweise kaum berührt worden. Lediglich bei unseren Einkaufspreisen haben wir die rasant gestiegene Inflation in Indien zu spüren bekommen, so dass wir im Oktober unsere Verkaufspreise entsprechend erhöhen mussten. Umsatz und Gewinn haben sich aber erfreulich entwickelt, so dass wir 2010 als das zweitbeste Jahr in der jetzt 16-jährigen Firmengeschichte verbuchen können. Ein herzliches Dankeschön an all unsere Kunden und Freunde, die das mit Einkäufen ermöglicht oder unsere Arbeit mit Empfehlungen, Rückmeldungen, Infos und ehrenamtlicher Hilfe unterstützt haben!

Ein besonderer Höhepunkt war für uns die Fertigstellung unserer neuen Website. Im Oktober ging sie nach mehr als zweijährigen Vorarbeiten endlich online - in komplett erneuertem Design, mit verbesserter Besuchererfahrung und vielen neuen Zusatzfunktionen, die das Surfen hoffentlich noch angenehmer machen. Wir sind stolz und froh, dass wir dieses große Projekt weitgehend in Eigenleistung erfolgreich gestemmt haben! Nun muss "nur" noch die englische Website überarbeitet und aktualisiert werden - auch das noch mal ein großer Berg Arbeit... Bei allen Bemühungen um eine attraktive Online-Präsenz sind wir aber unserem Grundkonzept treu geblieben: Wir bieten keinen Online-Shop mit standardisierten Massenprodukten, sondern wir suchen den persönlichen Kontakt zu unseren Kunden und verkaufen individuell gefertigte Einzelstücke mit qualifizierter persönlicher Beratung und Rundum-Service - auch nach dem Kauf.

Personell gab es zur Jahreswende eine Veränderung. Unsere Mitarbeiterin Annette Dörner hat ihre Tätigkeit nach drei Jahren in gegenseitigem Einvernehmen beendet, weil die weiteren Entwicklungsperspektiven nicht mehr recht zusammen passten. Annette hat uns durch ihr Engagement hinter den Kulissen sehr geholfen, die Umstellung auf die alleinige Geschäftsführung durch Norbert Klippstein ab 2008 gut zu bewältigen. Auch zur neuen Website hat sie umfangreich beigetragen. Herzlichen Dank dafür! Nach Annettes Ausscheiden werden wir uns 2011 verstärkt projektbezogene Unterstützung durch freie Mitarbeiter suchen müssen. Initiativbewerbungen sind herzlich willkommen! Geplant ist auch, dass Yogendra wieder mehr als in den letzten drei Jahren bei India Instruments mitarbeiten wird.

Für 2011 hoffen wir weiterhin auf Ihre / eure Unterstützung und wünschen Ihnen / euch Freude, Glück und Gesundheit!



2. Raga-Geist im digitalen Zeitalter
- Essay von Yogendra -


2010 war ein sehr stilles Jahr für die Szene für klassische indische Musik in Mitteleuropa. Weder gab es große Höhepunkte zu feiern, noch besondere Rückschläge oder Verluste zu betrauern. Die Szene scheint sich in einer Art Dornröschenschlaf zu befinden - nicht vollends tot, aber auch nicht richtig lebendig. Der Verkauf indischer Musikinstrumente entwickelt sich dagegen stabil weiter - von Stagnation oder gar einem Einbruch ist nichts zu spüren. Wie passt das zusammen?

Die Masse der verkauften Instrumente bei India Instruments sind nicht die schwierig zu spielenden Hauptinstrumente der Raga-Tradition wie Sitar oder Sarod. Ein technisch so anspruchsvolles Instrument zu meistern ist ein langwieriger, mühsamer Prozess, der viele Jahre des Lernens und Übens erfordert. Unterwegs gibt es zwangsläufig nicht nur Fortschritte und Erfolge, sondern auch Enttäuschungen, die es durchzustehen und zu bewältigen gilt und die wesentlich zum musikalischen und persönlichen Reifungsprozess beitragen. An solchen herausfordernden, langfristigen und grundsätzlich ergebnisoffenen musikalischen Lernprozessen haben heute anscheinend nur (noch) sehr wenige Menschen Interesse. Attraktiver und in größeren Stückzahlen verkäuflich sind einfach zu spielende Instrumente wie Harmonium, Shrutibox und Tanpura. Sie werden als Begleitinstrumente für Gesang, Entspannung und Meditation verwendet und ermöglichen auch ohne instrumentaltechnische Kunstfertigkeit oder musikalisches Vorwissen unmittelbar ansprechende Klangerlebnisse. Dabei geht es nicht um eine Auseinandersetzung mit Musik als komplexer Kunstform, sondern um ein Mittel zur Steigerung des momentanen Wohlbefindens. Wie ist das zu erklären?

Wir haben im letzten Jahrzehnt in den Industrieländern auf vielen Ebenen eine enorme Verdichtung, Kommerzialisierung, Beschleunigung und Virtualisierung der Lebenswirklichkeit erlebt. Diese globale Entwicklung produziert zwar kurzfristig immer mehr materiellen Wohlstand, führt aber - neben den Belastungen des Ökosystems Erde - für den Einzelnen auch zu steigendem Druck, Stress, Überreizung, Freiheits- und Sinnverlust. Im Gegenzug ist in weiten Kreisen ein Bedürfnis nach Entschleunigung und Versinnlichung auf allen Ebenen entstanden. Wellness-Trend und Körperkult, Esoterik- und Yoga-Boom sind Ausdruck dieser Bedürfnisse. Auch die Suche nach angenehm harmonischen Klangerlebnissen zur Linderung des Leidens am wirtschaftlich-kulturell-sozialen Mainstream unserer Zeit sehe ich in diesem größeren Zusammenhang. Diese positiven Erlebnisse müssen aber möglichst schnell und mühelos verfügbar sein - schließlich ist man ohnehin schon permanent gestresst und überfordert. Da will niemand noch eine weitere Anstrengung.

Für die Aktiven und Freunde der Raga-Musik ergibt sich aus dieser Diagnose eine interessante Perspektive. Vielleicht müssen wir gar nicht frustriert in der Ecke sitzen und über die schlechten Zeiten klagen. Vielleicht können wir uns stattdessen stärker auf den Kern der Raga-Tradition besinnen: Raga ist das, was den Geist färbt. Es geht nicht um den schnellsten Tana, das reinste Shruti oder das komplizierteste Tihai, sondern um einen subtilen, im Grunde aber sehr einfachen geistigen Vorgang zwischen Musik und Hörer, bei dem das sinnliche Musikerleben zu einer unmittelbaren tiefen seelischen Beglückung führen kann - und genau danach suchen ja viele Menschen! Natürlich ist dafür ein inneres Einschwingen und eine gewisse Sensibilität und Offenheit nötig - Instant-Beglückung ist auch mit Ragas nicht zu haben. Aber wir können versuchen, Hemmschwellen abzubauen und unseren Hörern unmittelbaren Zugang zum Raga zu erschließen durch die Art, wie wir unsere Performance gestalten und wie wir auf der Bühne spontan und authentisch präsent sind und kommunizieren. Betonen wir weniger, wie schwierig, fremdartig und kompliziert diese Musik mitunter erscheint - betonen wir lieber ihre Leichtigkeit und Schönheit, machen wir lieber deutlich, wie viel Freude ein Raga ganz einfach und direkt bereiten kann und versuchen wir, diese Freude zu übermitteln! Wenn das gelingt, hat das Färben des Geistes auch im digitalen Zeitalter ganz sicher seinen Platz.

(Mehr über das Färben des Geistes gibt es auf unseren Netzwerkseiten)


3. 25 Jahre Ali Akbar College of Music Basel
- Essay von Yogendra -


So weit wie Sonne und Mond scheinen - so weit verbreite diese Musik!" - diesen Auftrag erhielt der 2009 verstorbene Sarodmeister Ali Akbar Khan einst von seinem Vater, dem legendenumwobenen Allauddin Khan, Lehrer von Ravi Shankar und vielen anderen großen indischen Musikern. Diesen Auftrag verinnerlichte Ali Akbar Khan so sehr, dass er den größten Teil seines Lebens damit verbrachte, tausenden Schülern aus aller Welt die klassische indische Raga-Musik zu vermitteln. 1956 gründete er das erste Ali Akbar College of Music (AACM) in Kalkutta und 1967 das zweite in der Nähe von San Franzisko, wo er die nächsten 42 Jahre bis zu seinem Tod kontinuierlich lehrte. Eine dritte Schule, das Ali Akbar College of Music Switzerland, gründete schließlich Ali Akbar Khans Meisterschüler Ken Zuckerman 1985 in Basel. Ende November feierte das AACM Switzerland sein 25-jähriges Jubiläum - Zeit für eine Würdigung!

Von Anfang an hatte Ken Zuckerman bei der Gründung Ali Akbar Khans volle Unterstützung. Von 1985 bis zur Jahrtausendwende machte der Altmeister jedes Jahr im Herbst für ein bis zwei Wochen Station in Basel, um persönlich am AACM Switzerland zu unterrichten. Von Anfang an dabei war auch Tabla-Virtuose Swapan Chaudhuri, lange Jahre Ali Akbar Khans regelmäßiger Begleiter. Das Charisma, die Offenheit und das Engagement dieser beiden Ausnahmekünstler zog Schüler aus ganz Europa zu den jährlichen Seminaren - die jedes Mal gekrönt wurden mit einem gemeinsamen Konzert von Ali Akbar Khan und Swapan Chaudhuri. Basel wurde dadurch zu einem der bedeutendsten europäischen Zentren für indische Musik. Aus gesundheitlichen Gründen musste Ali Akbar Khan in den letzten Jahren seine regelmäßigen Besuche zwar einstellen, aber auch ohne ihn sorgte Ken Zuckerman mit unermüdlichem Einsatz dafür, dass die Tradition der Seminare im Herbst bis heute kontinuierlich Jahr für Jahr mit einem ausgezeichneten Lehrerteam auf hohem Niveau fortgesetzt wird.

Neben den Seminaren als Höhepunkten besteht die Arbeit des AACM aber auch aus laufenden Unterrichtsgruppen, Einzelunterricht, Gastunterricht mit eingeladenen Künstlern und der Organisation von Konzerten mit klassisch-indischer Musik. Im Laufe der Jahre unterrichtete das AACM über 1500 Schüler und organisierte mehr als 180 Konzerte. Gastdozenten waren u.a. Lakshmi Shankar, Alla Rakha, Zakir Hussain, Hariprasad Chaurasia, Sultan Khan, Pandit Jasraj, George Ruckert und die Gundecha-Brüder. Konzerte fanden - außer mit Ali Akbar Khan und Swapan Chaudhuri - u.a. statt mit Ravi Shankar, Bhimsen Joshi, Nikhil Banerjee, Mohiuddin Dagar, V.G. Jog, Alla Rakha, Kishori Amonkar, Shivkumar Sharma, Hariprasad Chaurasia, Ram Narayan, Sultan Khan, Zakir Hussain, Anindo Chatterjee, Ajoy Chakraborty, Buddhaditya Mukherjee, Parween Sultana, Ronu Mazumdar, Ken Zuckerman und den Gundecha Brothers.

Unerlässlich für den Erfolg des AACM war auch die großzügige Unterstützung der Musikakademie Basel. Ken Zuckerman war schon seit 1980 als Lehrer für Improvisation in der mittelalterlichen Musik an der renommierten Schola Cantorum Basiliensis, dem Mittelalter-Zentrum der Musikakademie, tätig. Dank seines hohen Ansehens und seiner guten Kontakte stellte die Musikakademie von Anfang an die Räumlichkeiten für die Seminare im Haus zur Verfügung. Im Rahmen des Studio für Musik der Kulturen wurde später auch laufender Unterricht in indischer Musik in das Angebot der Musikakademie integriert.

Ich persönlich bin von 1987 bis 2000 konsequent jedes Jahr im Herbst zum Seminar mit Ali Akbar Khan nach Basel gepilgert. Dort habe ich nicht nur musikalisch immer wieder neue Schätze gefunden und die Einladung zu weiteren Studien am AACM in Kalifornien bekommen, sondern auch menschlich viele nachhaltig bereichernde Begegnungen gehabt. Es gäbe zahlreiche Anekdoten aus diesen Jahren zu erzählen: Wie ich einmal an Stelle von Ravi Shankar für dessen abendliches Konzert im Soundcheck Sitar spielte. Wie ich als Tanpurabegleiter mit Ali Akbar Khan auf der Bühne saß. Wie ich in einem seiner Konzerte von Hustenanfällen geschüttelt es doch nicht fertig brachte zu gehen, weil ich keinen Moment verpassen wollte. Wie wir als Schüler uns gegenseitig darin zu überbieten versuchten, wer dem anderen demütiger die Füße berühren konnte, und dazu voreinander auf dem Boden des Seminarraums herumkrochen. Aber das gehört wohl in einen anderen Rahmen.

Was aber unbedingt noch hierher gehört, ist ein Lob und Dank an Ken Zuckerman. Ohne seine schier unermüdliche Energie würde es das AACM Switzerland heute längst nicht mehr geben. Wenn Ali Akbar Khan sein geistiger Vater ist, dann ist Ken Zuckerman so etwas wie seine geistige Mutter: Unentwegt bemüht, die physischen Grundlagen sicherzustellen, rührend besorgt um das Wohlergehen von Schülern und Lehrern gleichermaßen, immer ansprechbar, immer unterstützend und immer eine Inspiration durch seine vorbildliche Menschlichkeit und Musikalität. Ken, die indische Musik in Europa und auch ich persönlich haben dir viel zu verdanken - ich gratuliere von hier aus noch einmal nachträglich ganz herzlich zu 25 Jahren AACM Switzerland und wünsche mindestens noch einmal so viele weitere erfolgreiche Jahre!

(Weitere Infos auf www.aliakbarcollege.org und www.kenzuckerman.com)



4. Eingeschränkter Betrieb vom 22.1. bis 13.2.
- Firmen-Info -


Unser Geschäftsführer Norbert Klippstein besucht wieder unsere Lieferanten in Mumbai und in Kalkutta. Die unmittelbaren persönlichen Kontakte und die genaue Kenntnis der Arbeitsbedingungen vor Ort sind unverzichtbar, um dauerhaft unseren einzigartig hohen Qualitätsstandard aufrecht erhalten zu können.

Leider können Versand und Laden von India Instruments deshalb in der Zeit vom 22.1. bis 13.2. nur sehr eingeschränkt arbeiten. Der eMail-Verkehr ist dagegen nicht betroffen - wir beantworten weiter zügig alle Anfragen und nehmen Bestellungen und Vormerkungen entgegen. Im Rahmen der personellen Möglichkeiten werden wir uns auch bemühen, Bestellungen so zeitnah wie möglich zu bearbeiten und zu versenden. Vor allem Kleinbestellungen können voraussichtlich relativ gut abgewickelt werden. Der Versand größerer Instrumente muss dagegen unter Umständen auf die Zeit ab 14.2. verschoben werden. Eil- und Terminbestellungen können im genannten Zeitraum leider nicht abgewickelt werden. Besuche im Berliner Laden sind nur eingeschränkt und nach genauer Absprache möglich. Wir bitten um Entschuldigung für diese Unannehmlichkeiten!



5. Global Indian Music Awards
- Szene-Info -


Indien befindet sich nicht nur in einer rasanten wirtschaftlichen Aufholjagd gegenüber den alten westlichen Industrienstaaten, sondern bemüht sich jetzt auch mit gebündelten Kräften, das weltweite Ansehen der indischen Musik zu fördern. Inspiriert von den Grammys der US-amerikanischen Musikindustrie wurden im Dezember in Mumbai erstmals die Global Indian Music Awards, kurz GIMA, verliehen. Die GIMA sind eine Initiative der indischen Musikindustrie und vergeben insgesamt 27 Preise, gegliedert in die vier Kategorien Filmmusik (11 Preise), Non-Filmmusik (10 Preise), Popmusik (3 Preise) und Spezial (3 Preise). Die klassische Raga-Musik ist mit vier Preisen für bestes Album in Hindustani Classical Vocal, Hindustani Classical Instrumental, Carnatic Classical Vocal und Carnatic Classical Instrumental unter Non-Filmmusik vertreten.

Obwohl die GIMA von der in Indien nach wie vor marktbeherrschenden Filmmusikindustrie dominiert werden, sind die programmatisch formulierten Absichten doch zu begrüßen. So sollen die GIMA ausdrücklich auch Genres wie Classical, Semi-Classical, Devotional Music, Fusion und Popular Music fördern, Nachwuchsmusikern ins Rampenlicht verhelfen und Medien ermutigen, indische Musik weltweit zu verbreiten. Dieses Anliegen konkretisiert sich in den 10 Preisen für Non-Filmmusik und dem Spezialpreis für den "Herausragenden Beitrag eines Inders auf einer globalen Bühne". Dabei ist das Zeitalter global zugänglicher digitalisierter Musik mit all seinen Chancen und Risiken längst auch in Indien alltägliche Wirklichkeit - das zeigt der Spezialpreis für "Beste Anti-Piraterie Initiative des Jahres".

Bei der mit viel Glamour aus der Taufe gehobenen Preisverleihungsshow schien es keine so große Rolle zu spielen, wer alles genau welchen Preis mitnahm. Wichtiger war wohl, dass der Stein ins Rollen gebracht wurde und das Ereignis als ganzes mit Stars, Sternchen und großer indischer Medienresonanz über die Bühne gehen konnte. Die Musikwelt jenseits der indischen Grenzen wurde zwar noch nicht erobert, aber die indische Musikindustrie ließ schon mal die Muskeln spielen und meldete ihre Ansprüche an.

Verraten sei an dieser Stelle noch, dass die beim englischen Label Navras erschienene Platte "Violin Virtuoso" von L. Subramaniam und Familie als bestes Album Carnatic Classical Instrumental ausgezeichnet wurde. Das Werk ist für 15,- Euro (zzgl. Versandkosten) unter Bestellnr. NRCD 0213 auch bei India Instruments erhältlich. Näheres dazu siehe hier.

(Mehr zu den GIMA auf www.gima.co.in)

 

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