Rundbrief März / April 2015

Inhalt

1. Harmonium - Klangbeispiele
2. Sitar - Lehrbuch mit CD
3. Notation - Gratis-Font für Sargam
4. Maihar in Germanistan (1) - Allauddin Khan
5. Einmal Indien und zurück: Die Harmonium-Story (1/5) - Entdeckung
6. Jai's Blog - Bhakti in Indien und im Westen
7. Workshops - April bis Juni
8. Konzerte - April & Mai

 


1.Harmonium - Klangbeispiele
- Neu auf unsere Website -


Musikinstrumente müssen nicht nur gut aussehen, sondern vor allem gut klingen. Aber leider kann nicht jeder vor Ort in unserem Laden in Berlin unsere Instrumente ausprobieren. Deshalb erstellen wir nach und nach auch Klangbeispiele unserer Instrumente. Dabei versuchen wir, nicht mit virtuosem Spiel Eindruck zu schinden, sondern den Klang des jeweiligen Instrumentes möglichst direkt und unverfälscht zur Geltung zu bringen.

Harmonium Ganz frisch im Netz sind Klangbeispiele der meisten Harmoniums aus unserem Sortiment. Dabei geht es zuerst immer mit allen Registern offen jede einzelne Taste vom höchsten bis zum tiefsten Ton hinunter. So bekommt man einen Eindruck vom Klang des Instruments in allen Lagen. Danach folgen dreitönige Akkorde in mittlerer Lage. Damit lässt sich der Zusammenklang im akkordischen Spiel einschätzen, das oft zur Begleitung beim Singen eingesetzt wird. Sowohl bei den Einzeltönen als auch bei den Akkorden bleibt der letzte Ton / Akkord stehen, um einen Eindruck vom Sustain des Instruments zu geben. Bei Modellen mit abnehmbarem Deckel (Jali) folgt abschließend eine Aufnahme ohne Deckel - das ergibt einen deutlich anderen, schärferen Klang. Beim Paloma Compactina gibt es die Klangbeispiele als Besonderheit doppelt - jeweils mit verschieden eingestellten Federspannungen.

Die Aufnahmen sind unten auf den Seiten der einzelnen Modelle zu finden. Eine Übersicht aller Harmonium-Klangbeispiele gibt es hier. Und die Übersichtsseite aller Modelle ist hier. Klangbeispiele gibt es übrigens auch zu den beiden aktuellen Harmoniums auf unserer Sonderangebotsseite - die Angebotsübersicht ist hier.

Zu anderen Instrumentengruppen gibt es schon länger Klangbeispiele: Klingende Sitars gibt es hier - und Tanpuraklänge hier. Bei Sitars und Tanpuras sind die Aufnahmen selbstverständlich auch unten auf den Seiten der einzelnen Modelle zu finden.

Sind die Klangbeispiele hilfreich? Zu welchen Instrumenten sollten wir noch Klangbeispiele ergänzen? Wir freuen uns über Feedback!

 


2. Sitar - Lehrbuch mit CD
- Neu im Sortiment -


Gutes Lehrmaterial zum Selbststudium von Musikinstrumenten verlangt vom Autor heute nicht nur eine genaue Kenntnis des Instruments und seiner Musiktradition, sondern auch ein gutes pädagogisches Konzept, Praxisnähe und eine sinnvolle Verbindung moderner Medien. All das kommt bei Sitar Method von Josh Feinberg zusammen. Das macht diese Kombination aus Lehrbuch und CD rundherum empfehlenswert, und zwar sowohl für Anfänger als auch für Menschen, die schon eine Weile Sitar spielen und jetzt ihre Technik verfeinern und / oder näher in die Welt der klassischen indischen Musiktradition einsteigen möchten.

Das Buch beginnt mit einer Beschreibung der Instrumententeile und einer Einführung in die verwendete indische Sargam-Notation. Diese Notation ist auch für Anfänger ohne sonstige Notenkenntnisse leicht und schnell zu verstehen und eignet sich hervorragend zur Darstellung indischer Musik (s.u. Notation - Gratis-Font für Sargam). Dann geht es weiter über Stimmung und Haltung der Sitar zu den Basistechniken für linke und rechte Hand - alles in klarer Sprache fundiert beschrieben und in Fotos und Grafiken gut veranschaulicht. Ab Seite 22 folgen dann überwiegend Notationen zu stetig komplexer werdenden Technikübungen und Kompositionen in den Ragas Yaman-Kalyan, Madhuwanti, Megh und Khamaj. Eingestreut sind kleine Kapitel zu Instrumentenkauf, Ragas und Form in der indischen Klassik, Hörempfehlungen, zum Verschieben von Bünden und dem Erneuern von Saiten. Abgerundet wird das Buch mit einem Glossar am Ende.

Lebendig wird Sitar Method aber erst in der Verbindung mit der beiliegenden CD. Fast das gesamte notierte Material für Sitar ist darauf in klingenden Beispielen zu hören, klar und sauber eingespielt von Autor Josh Feinberg. Darüber hinaus werden auch die im Buch vorgestellten Tabla-Rhythmen demonstriert. Die Tabla-Tracks und einen Tanpura-Track kann man per Dauerwiederholung gut als Begleitung zum eigenen Üben benutzen. Und die mit Tabla- und Tanpurabegleitung eingespielten Kompositionen machen Lust zum Mitspielen.

Josh Feinberg ist Sitarist und Kontrabassist. Er lernte vom Kindesalter an klassische westliche Musik, zunächst auf dem Klavier, dann auf dem Bass. Mit 15 kaufte er seine erste Sitar und erhielt Unterricht von Peter Row. Seit 2005 studiert er klassische indische Musik im Stil der Maihar-Tradition (s.u.) bei Ali Akbar Khan, Aashish Khan und Anindya Banerjee.

Die Texte in Sitar Method sind auf englisch. Das 63-seitige Buch im 23 x 30 cm Großformat inklusive 67-minütiger CD mit 42 Tracks ist ab sofort für 14,90 Euro (+ 1,95 Euro Versandkosten innerhalb Deutschlands / 3,90 Euro innerhalb Europas) bei India Instruments erhältlich. Coverfoto und weiteres Material für Sitar gibt es hier.

 


3. Notation - Gratis-Font für Sargam
- Praxis Tipp von Yogendra -


Notation ist der Versuch, das flüchtige Phänomen Musik in symbolischen Zeichen zu fixieren. Eine gelungene Notation kann wesentliche Elemente von Musik über den Moment ihres Erklingens hinaus greifbar, verstehbar und vermittelbar machen. Damit wird sie zu einem wunderbaren Werkzeug, um Musik zu tradieren und weiterzuentwickeln. Die Notenschrift der abendländischen Klassik mit ihrem Liniensystem, Tonsymbolen, Vorzeichen usw. eignet sich z.B. hervorragend dafür, mehrstimmige Musik mit festen absoluten Tonhöhen darzustellen. Wer sie beherrscht, kann beim Notenlesen im Geist die notierte Musik erklingen lassen. Im Lauf der Jahrhunderte wurde es durch die Entwicklung einer immer komplexeren Mehrstimmigkeit und hin zu immer größeren Ensembles nötig, die Notenschrift immer weiter zu verfeinern und immer mehr Parameter darin festzuschreiben. Dadurch hat sie sich über ein bloßes Werkzeug hinaus zu einer eigenen Autorität entwickelt: Man spielt und singt, was auf dem Blatt steht. Wer keine Noten lesen kann, glaubt, keine Musik machen zu können - und wer in der Lage ist, Noten vom Blatt abzuspielen, meint, das sei schon Musizieren.

In der klassischen indischen Tradition wird die Musik bis heute vor allem mündlich tradiert; der Schüler lernt durch Imitation des Lehrers. Notation dient nur als Gedächtnisstütze für grobe Strukturen. Deswegen hat man keine eigenständige Notenschrift entwickelt, sondern schreibt einfach die Anfangsbuchstaben der Tonnamen in der Reihenfolge ihrer zeitlichen Abfolge, ergänzt um ein paar rhythmische Zeichen. Dabei bezeichnen die Tonnamen keine festen Tonhöhen (wie in der westlichen Notenschrift), sondern geben tonale Beziehungen an: Sa ist der Grundton, Re die Sekunde, Ga die Terz, Ma die Quarte usw. Nach diesen ersten vier Tönen heißt das indische System Sargam-Notation. Wenn Sargam in lateinischen Buchstaben geschrieben wird (statt der in Indien verbreiteten Devanagari), ist dieses System auch für Abendländer einfach lesbar.

Sargam Mit der weltweiten Verbreitung indischer klassischer Musik ist auch die Sargam-Notation seit den 1960er Jahren außerhalb Indiens immer bekannter geworden. Vor allem am Ali Akbar College of Music (AACM) im kalifornischen San Rafael wurde sie, den praktischen Erfordernissen folgend, über Jahrzehnte weiterentwickelt. Heute kann die Sargam-Notation des AACM auch Ornamentierung und komplexe rhythmische Phänomene recht genau und anschaulich darstellen. Das macht sie zu einem enorm hilfreichen Werkzeug in der Arbeit mit klassischer indischer Musik. Ebenso gut eignet sie sich z.B. auch für die Vermittlung von Kirtan-Melodien. Ein großer Vorteil ist, dass Anfänger nicht erst ein völlig neues Symbolsystem lernen müssen, sondern durch die vertrauten Buchstabenzeichen sofort einsteigen können. Dabei erhebt die Sargam-Notation aber nicht den Anspruch, Spielanweisung zu sein: Die für einen Raga charakteristische individuelle Intonation und Artikulation wird nicht dargestellt - man muss sie nach wie vor über das Ohr direkt von einem Meister lernen. Auch eine komplette Raga-Performance notiert man nicht in Sargam - die lebt viel zu sehr von spontanen Variationen, als dass sie sinnvoll fixiert werden könnte.

Für alle, die gerne mit Sargam-Notation arbeiten möchten, hat der Softwarefachmann, Bassist und Sitarist Thomas Knospe jetzt dankenswerterweise einen speziellen Font entwickelt, der frei im Internet zur Verfügung steht. Damit kann man am Computer einfach und schnell Sargam-Notationen erstellen. Die lassen sich wunderbar verwenden, um Gelerntes übersichtlich festzuhalten, Material für Schüler zu notieren oder eigene musikalische Ideen aufzuschreiben und weiterzugeben. Unter sargam.html kann man eine detaillierte Anleitung als pdf-Datei und den eigentlichen Zeichensatz namens sargam.ttf herunterladen. Die Anleitung gibt allerdings keine Einführung in die Sargam-Notation als solche. Die muss man sich woanders holen - z.B. in dem Standardwerk "The Classical Music of North India" von George Ruckert und Ali Akbar Khan (bei India Instruments erhältlich für 35,- Euro - mehr dazu hier).

 


4. Maihar in Germanistan (1) - Allauddin Khan
Hintergrundgeschichte von Yogendra -


Die Maihar-Schule hat mit großen Meistern wie Ravi Shankar, Ali Akbar Khan, Nikhil Banerjee und Hariprasad Chaurasia die klassische indische Musik in den Westen gebracht und jahrzehntelang weltweit ihr Bild geformt. Wir erzählen ihre Geschichte und zeigen, wie auch die Szene für indische Musik in Mitteleuropa bis heute von Maihar-Musikern geprägt wird.

Maihar ist ein kleines Städtchen mit 35.000 Einwohnern im zentralindischen Bundesstaat Madhya Pradesh. Bis zur indischen Unabhängigkeit 1947 war es die Hauptstadt eines kleinen, formal unabhängigen Fürstentums unter britischer Kolonialherrschaft. Wie viele andere der über 500 indischen Fürsten war auch Maharaja Brijnath Singh von Maihar ein begeisterter Musikliebhaber und Kunstmäzen. 1918 bewarb sich bei ihm ein gewisser Allauddin Khan um die gerade frei gewordene Stelle des Hofmusikmeisters und fürstlichen Gurus. Allauddin Khan war schon als achtjähriger Junge von zuhause weggelaufen und in die blühende Kolonialhauptstadt Kalkutta gegangen, um dort Musik zu lernen. Er lebte zunächst mittellos auf der Straße, wurde dann als Schüler ins Haus eines Musikmeisters aufgenommen, landete nach dessen plötzlichem Tod wieder auf der Straße und fand schließlich Aufnahme bei einem anderen Meister. In diesen frühen, bewegten Lehrjahren spielte er vor allem Violine, eignete sich als echtes Naturtalent aber auch zahlreiche andere Instrumente und natürlich Tabla und Gesang an. Als junger Mann entdeckte Allauddin schließlich Sarod als sein Hauptinstrument, lernte es einige Jahre bei einem Lehrer in Kalkutta und ging dann am Fürstenhof von Rampur in die Lehre bei Wazir Khan, einem der letzten Nachfahren des legendären Mian Tansen und einer der berühmtesten indischen Musiker des späten 19. Jahrhunderts. Als Allauddin Khan sich schließlich in Maihar bewarb, hatte er jahrzehntelange Lehr- und Wanderjahre hinter sich, war ein Meister auf der Sarod, beherrschte zahlreiche musikalische Stile und eine Vielzahl von Instrumenten. Er bekam die Stelle auf Anhieb und fand dort die Basis für sein Lebenswerk.

Allauddin Khan Von Maihar aus revolutionierte Allauddin Khan die klassische nordindische Instrumentalmusik. Bis dahin hatte sie im Schatten der höher geschätzen Vokalmusik gestanden und die meisten Instrumentalisten hatten sich in hoch spezialisierten Nischen eingerichtet: Manche spielten nur langsame Stücke, andere nur schnelle, und wieder andere nur meditative Solos. Allauddin dagegen verkettete die systematische Raga-Entfaltung im Alap des alten Dhrupad-Stils mit kunstvoller Variation in langsamen Rhythmen und virtuosem Feuerwerk in Höchstgeschwindigkeit. Die Sarod entwickelte er zusammen mit Instrumentenbauern weiter, damit sie seinen musikalischen Anforderungen gerecht werden konnte. So schuf er eine ganz neue Großform mit einer atemberaubend weit und schlüssig gespannten Dramaturgie von Steigerung und Verdichtung. Wenn er anfangs bei Festivals noch als unbekannter Pausenfüller engagiert war, zog er die Zuhörer so in den Bann seiner Musik, dass die Zigaretten in ihren Händen verloschen, der Tee in ihren Tassen kalt wurde und sein geplanter Kurzauftritt sich über Stunden ausdehnen konnte. Sein stetig wachsender Ruhm führte ihn auf Tourneen durch ganz Indien und bis nach Europa. Die Tiefe und Kreativität, Geschwindigkeit und Ausdauer seiner Konzerte wurden zur Legende. Mehr als einmal musste sein Tababegleiter mitten im Konzert erschöpft ausgewechselt werden.

Musik war Allaudin Khans absolute Passion, das Spielen sein Gebet, die Ragas seine Götter, und mit missionarischem Eifer gab er seine Leidenschaft weiter. In Maihar gründete er in den 1920er Jahren ein Musikensemble für Waisenkinder, die Maihar Band, und experimentierte als einer der ersten Musiker überhaupt mit der Adaption der solistisch improvisierten Ragamusik für Orchester. Sein Haus machte er zu einem Musikzentrum. Immer lebte eine kleine Zahl handverlesener Schüler mit ihm unter einem Dach. Ohne jede materielle Gegenleistung führte er sie teils über viele Jahre zur Essenz der Ragatradition. Sein Unterricht war kompromisslos, streng und voller Hingabe. Stockhiebe gab es dabei ebenso wie Tränen der Glückseligkeit. Mit feinem Gespür ging er auf den individuellen Charakter jedes Schülers ein und förderte ihn damit darin, seinen ganz eigenen persönlichen Stil zu entwickeln. So wurden Allauddins Schüler nicht zu Kopisten seines Spiels sondern zu seinen wahren Erben und Botschaftern seiner musikalischen Vision.

Allauddin Khan Seinem Sohn Ali Akbar Khan gab er den Auftrag, die Musik so weit zu verbreiten wie Sonne und Mond scheinen. 1955 war Ali Akbar als erster Musiker mit klassisch indischen Ragas im US-amerikanischen Fernsehen zu sehen. 1968 gründete er in Kalifornien das Ali Akbar College of Music und machte es zu einer der bedeutendsten Institutionen für das Studium indischer Musik weltweit. Auch viele andere von Allauddin Khans direkten Schülern wurden bedeutende Lehrer und Performer und trugen so seine Vision weiter. Als einer der herausragendsten verband Nikhil Banerjee vokale Elemente mit meditativer Tiefe und verfeinerter Form und gab damit der Sitar eine neue Dimension. Weitaus am bekanntesten wurde Ravi Shankar. Durch die Zusammenarbeit mit Größen aus Pop, Jazz und Klassik verschaffte er der Ragamusik weltweite Resonanz. Heute konzertieren und unterrichten Enkel- und Urenkelschüler von Allauddin Khan fast überall auf dieser Erde. Die Anfänge dieser globalen Bewegung konnte Allauddin noch miterleben. 1972 fand er in Maihar seine letzte Ruhestätte. Die von ihm begründete Tradition ist bekannt als Maihar-Gharana.

Facebookseite der Maihar-Gharana mit zahlreichen dokumentarischen Konzert-, Unterrichts- und Interviewvideos.
Dokumentarfilm über Allauddin Khan von 1963.
Interview mit Nikhil Banerjee.

 


5. Einmal Indien und zurück: Die Harmonium-Story (1/5) - Entdeckung
Hintergrundgeschichte von Yogendra -


Das Harmonium ist heute fester Bestandteil vieler indischer Gesangsstile und der globalen Kirtan-Bewegung. Dabei ist es ursprünglich ein europäisches Instrument. Wie konnte es in Indien heimisch werden und sich von dort aus wieder in alle Welt verbreiten? Eine spannende Geschichte voller erstaunlicher Wendungen...

Wir schreiben das Jahr 1840 (oder doch 1842?). Der Pariser Orgel- und Klavierbauer Alexandre Debain meldet ein Patent an auf ein Instrument namens Harmonium. Es ist ein voll ausgereiftes, imposantes Instrument mit vier durchgehenden Reihen von Metallzungen, die durch Druckluft in Schwingung versetzt werden. Seine Tastatur hat einen Tonumfang von fünf Oktaven. Die Luftversorgung erfolgt durch zwei große Blasebälge, die abwechselnd mit den Füßen getreten werden. War Debain nun der Erfinder des Harmoniums? Nein, seine Patentanmeldung diente vor allem dazu, seine wirtschaftlichen Interessen als Inhaber einer Instrumentenbaufabrik mit zeitweise mehreren 100 Mitarbeitern zu schützen. Dabei konnte Debain schon auf eine 50jährige Entwicklungsgeschichte ganz ähnlicher Instrumente zurückgreifen. Erfunden hat er wohl nur eine bestimmte Bauweise - und den schönen Namen Harmonium, der dem Instrument bis heute geblieben ist.

Harmonium Den typischen Klang des Harmoniums erzeugen Metallplättchen, die an einem Ende an einem eng umschließenden Rahmen befestigt sind und am freien Ende in diesem Rahmen schwingen, wenn man sie mit genügend Druck oder Sog anbläst. Diese sogenannten Durchschlagzungen oder Zungenpfeifen hat wohl 1780 der umtriebige deutsche Naturforscher Christian Gottlieb Kratzenstein erstmals mit größerer öffentlicher Resonanz in Europa präsentiert. Seine Zungenpfeifen hatte er als Antwort auf eine Preisfrage der Russischen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg entwickelt. Abgeguckt hatte er sich das Prinzip der Zungenpfeifen einige Jahre zuvor von dem bayerischen Musiker Johann Wilde. Der gab 1770 in St. Petersburg Konzerte auf der chinesischen Mundorgel Sheng. Diese Sheng erzeugt ihre Töne mit metallenen Zungenpfeifen und soll Legenden nach schon seit über 3000 Jahren in China bekannt sein! Schon Marco Polo soll angeblich im 13. Jahrhundert die Sheng nach Europa gebracht haben. Und der Komponist Michael Praetorius hat wohl 1619 die Zungenpfeife beschrieben. Nur interessierte sich damals noch niemand dafür. Erst Ende des 18. Jahrhunderts war in Europa und Amerika die Zeit reif dafür, etwas mit diesem Wissen anzufangen.

Harmonium In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts ging es dann fix voran. Unabhängig voneinander kombinierten Instrumentenbauer, Musiker, Tüftler und Erfinder in verschiedenen Ländern die durch die Sheng bekannt gewordenen Zungenpfeifen mit einem von der Pfeifenorgel abgeleiteten Windwerk aus Blasebälgen und der bei allen Tasteninstrumenten verbreiteten Klaviatur aus weißen und schwarzen Tasten. Heraus kam eine Fülle verwandter und doch unterschiedlich konstruierter Instrumente mit so fantasievollen Namen wie Orchestrion, Aeoline, Physharmonika, Orgue Expressif, Pan Harmonicon, Psallmelodikon oder Poikilorgue. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich aber das Harmonium mit seinen Fußbälgen, mehreren Zungensätzen, großem Tonumfang und zahlreichen Registern durch. Es wurde zum Modeinstrument, das in Nordamerika und in mehreren europäischen Ländern massenhaft in Fabriken gebaut wurde. Allein in Deutschland sollen bis Mitte des 20. Jahrhunderts eine halbe Million Harmoniums gebaut worden sein; in den USA sogar mehrere Millionen. In der höchsten Blüte um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert wurden in der westlichen Welt wohl etwa doppelt so viele Harmoniums verkauft wie Klaviere.

Harmonium Das Harmonium war damals fast überall präsent. Beim gebildeten Bürgertum stand es zur Pflege der Hausmusik reich verziert im Wohnzimmer. In kleineren Kirchen ersetzte es die viel teurere, größere und empfindlichere Pfeifenorgel. Komponisten schrieben kunstvolle Konzertmusik speziell für Harmonium. Populäre Salonorchester integrierten es in ihre Besetzung und spielten darauf leichte Muse. In pietistischen Strömungen verbreitete sich bei den Versammlungen die Begleitung religiöser Lieder auf dem Harmonium und wurde regelrecht stilprägend für den Ritus. Und im Ersten Weltkrieg kamen in Feldgottesdiensten extra klein, robust und leicht gebaute Kriegsharmoniums zum Einsatz.

Seine Robustheit und Mobilität verhalf dem Harmonium gleichzeitig auch zum Durchbruch in den weltweiten Kolonialimperien der europäischen Großmächte. Es ist kleiner und leichter als ein Klavier oder gar eine Pfeifenorgel, und lässt sich dadurch erheblich einfacher und sicherer verschiffen oder durch unwegsames Gelände ohne Straßen und Eisenbahnen transportieren. Und während sich die Saiten eines Klaviers oder Flügels bei tropischer Hitze und Feuchtigkeit ständig verstimmen, sind die Zungen des Harmoniums relativ unempfindlich gegen klimatische Belastungen. Die tropischen Exportmärkte waren so lukrativ, dass die Hersteller eigens einfacher gebaute Modelle mit weniger Extras, mit Klappmechanismen für bequemeren Transport oder mit chemischer Beschichtung gegen Insektenfraß entwickelten. So gut ausgestattet kam das Harmonium auch nach Indien. Wie es dort nicht nur überlebte, sondern sich erst verwandelte und dann den Subkontinent eroberte, erzählen die nächsten Folgen...

Diashow mit Fotos von Harmoniums aus dem 19. Jahrhundert, unterlegt mit Harmoniummusik von James Austin Butterfield.
Demonstration eines Mason & Hamlin Liszt Harmoniums von 1887 mit zahlreichen Registern.
Angelus von Sigfrid Karg-Elert auf einem Harmonium von 1898.
Skandinavische Volksmusik auf einem ca. 100 Jahre alten Harmonium.

 


g. Jai's Blog - Bhakti in Indien und im Westen
Notizen von Jai Uttal -


Jai Uttal, Schüler von Neem Karoli Baba und Ali Akbar Khan, ist seit Anfang der 1990er Jahre einer der Pioniere der Kirtan-Musik. Er hat 18 Platten veröffentlicht und dabei durch die Verbindung von indischen Traditionen mit westlichen Elementen immer wieder neue musikalische Horizonte erschlossen. Sein Album Mondo Rama war 2002 die erste Kirtan-Platte, die eine Grammy-Nominierung erhielt. Wir bringen in loser Folge Auszüge aus seinem Blog. Mehr von und über Jai Uttal.

Jai Uttal Ein Freund fragte mich neulich am Telefon, warum ich denn keine Zeremonie mache, bevor ich einen Kirtan leite. Ich überlegte eine Weile und sagte, warum sollte ich vor der Zeremonie eine Zeremonie machen? Für mich ist Kirtan selbst die Zeremonie, die Anrufung, der Tanz der Gefühle, das große kosmische Schauspiel der Hingabe!

Er fragte mich auch, was ich über die Bhakti-Bewegung im Westen denke. Ich sagte, ich dächte gar nichts darüber. Es herrschte Stille am anderen Ende der Leitung. Offensichtlich musste ich mehr sagen. Bei Bhakti geht es um eine tiefe, intime Beziehung zu Gott, nicht um eine 'Bewegung'. Es reicht völlig aus, mein eigenes Herz der Hingabe zu nähren, Tag für Tag. Und das ist es, was ich auch für andere erbitte und erhoffe.

Die heutige 'Bhakti-Bewegung' in den USA ist irgendwie seltsam für mich. Wunderbar, aber auch, seltsam. Wunderbar, weil immer mehr Menschen die unglaublich leidenschaftliche Freude beim Singen von Gottes Namen erleben; und seltsam, weil wir als Amerikaner anscheinend immer die Notwendigkeit verspüren, etwas Besonderes daraus zu machen, uns selbst zu etwas Besonderem zu machen, und hippe Begriffe dafür zu verwenden, um unser Besonderheitsgefühl noch zu steigern. Wir werfen mit Worten wie 'Bhakti', 'Bhava' und 'Ekstase' um uns, als ob es Eisaromen oder neue Sorten Kombuchatee wären. Aber in Indien, wo all dieses Zeug herkommt, bezeichnen diese Worte tiefe spirituelle Zustände, die nur sehr wenige, sehr glückliche und sehr hingebungsvolle Seelen erreichen, die dann zur Inspiration für den Rest von uns werden.

Wenn wir im Westen für einen Kirtanabend zusammenkommen legt es jeder darauf an abzuheben und ein euphorisches Super-High zu haben, fast wie bei einem Rockkonzert. Das mag schon in Ordnung sein, aber es ist so gaaaanz anders als das Erleben in einem kleinen Tempel in Nordindien, wo die Devotees das Gefühl haben, schon Leben um Leben lang zu chanten, gleichgültig gegenüber den Höhen und Tiefen, reitend auf den Wellen von Gefühlen und Stimmungen, ruhend in tiefer Sehnsucht und Erfüllung und Hingabe, wartend auf Gottes Gnade. Ist 'Bhakti' im Westen nichts weiter als ein 'High-Sein'? Eine coole, überschwängliche Glückserfahrung? Die großen 'Bhaktas' (Devotees) der alten Zeit schreiben alle von einer ungeheuren Liebe und einer noch größeren Abhängigkeit von der Antwort ihres Geliebten.'Mein Herr, ich habe nichts getan, um deine Umarmung zu verdienen, und dennoch: bitte komm zu mir!!!' Nun ja. Vielleicht bin ich auch nur ein alter Brummbär, zu hart zu mir selbst und damit auch zu hart zu allen anderen.

 


6. Workshops - April bis Juni
- Szene-Infos -


Workshops sind eine gute Gelegenheit, neue Inspiration für die Beschäftigung mit indischen Instrumenen, indischer Musik und indischem Tanz zu bekommen und sein Verständnis zu vertiefen. Das möchten wir gerne fördern! Deshalb veröffentlichen wir regelmäßig eine Übersicht aktueller Workshoptermine hier im Rundbrief. Nähere Infos zu allen Angeboten und weitere Termine gibt es immer auf unserer Workshopseite. Sundaram

April 2015 - April 2016 BERLIN: Training Voice Meditation - Meditative Singing Based on Dhrupad and Nadayoga with Amelia Cuni
April - November 2015 HOF KUPPEN: Nada Yoga Basistraining - Jahresgruppe mit Anne-Careen Engel & Ram Vakkalanka
03.04. - 06.04. OY-MITTELBERG (Allgäu): Harmonium Lernseminar mit Jürgen Wade
05.04. - 12.04. BAD MEINBERG: Mantra Yogalehrer/in Ausbildung Intensivwoche mit Sundaram & Katyayani Ulbricht
10.04. - 12.04. OY-MITTELBERG (Allgäu): Harmonium Aufbauseminar mit Jürgen Wade
10.04. - 12.04. BAD MEINBERG: Einführung Nada Yoga mit Anne-Careen Engel
12.04. NL - AMSTERDAM: Master Class Sitar with Nayan Ghosh
17.04. - 19.04. HEMMOOR (Nordsee): Sitar - Schritt für Schritt mit Yogendra
17.04. - 19.04. OBERLAHR (Westerwald): Harmonium Lernseminar mit Govinda Roth
06.05. - 10.05. BAD HOMBURG: Meisterkurs Sitar mit Partha Chatterjee
08.05. - 10.05. BAD MEINBERG: Harmonium Lernseminar mit Narendra Hübner
09.05. VELEN (bei Münster): Nada Yoga mit Sundaram
14.05. - 17.05. OPFENBACH / ALLGÄU: Harmonium Lernseminar mit Gyanaroopa Dickbertel
14.05. - 17.05. GERODE (Harz): Nada Yoga - die heilende Kraft des Klangs mit Barbara Irmer, Carmen Mager, Frank Beese
21.05. - 27.05. SEHLENDORF / OSTSEE: Dhrupad mit den Gundecha Brüdern
04.06. - 06.06. BAD HERRENALB (bei Karlsruhe): Musik-Seminar / Retreat mit Sahana Banerjee
16.06. - 19.06. OY-MITTELBERG (Allgäu): Nada Yoga Retreat mit Anne-Careen Engel
Juni - November 2015 HAMMERSBACH (bei Hanau): Jahresgruppe Mantra, Gesang, Harmonium und Trommel in Verbindung mit Yoga mit Sundaram
21.06. - 28.06. BAD MEINBERG: Chakras im Nada Yoga mit Anne-Careen Engel
26.06. - 28.06. WANGERLAND (Nordsee): Harmonium Lernseminar mit Uma Marija Balic

 


7. Konzerte - April & Mai
- Szene-Infos -


Im Frühjahr ist Hochsaison für indische Musik und der Konzertkalender wieder prall gefüllt. Ausführlichere Infos, Ort und Zeit sowie weitere Termine für 2015 in unserem Konzertkalender.

M.Narayan Hariprasad Chaurasia

10.04. NL - AMSTERDAM: Nayan Ghosh (sitar, tabla), Terry Riley (vocal, drones)
11.04. NL - UTRECHT: Nayan Ghosh - Sitar
11.04. STUTTGART: Liyakat Ali Khan - Sarangi
12.04. STUTTGART: Liyakat Ali Khan - Sarangi
16.04. MAGDEBURG: Pulsar Trio - Sitar, Piano, Schlagzeug
18.04. NL - AMSTERDAM: Satyaa & Pari - Kirtan
18.04. MOERS: Sundaram & Friends: Mantrakonzert zum Mitsingen (Kirtan)
18.04. MOERS: Pulsar Trio - Sitar, Piano, Schlagzeug
20.04. STUTTGART: Subrata De - Sitar
21.04. STUTTGART: Subrata De - Sitar
23.04. BERLIN: Sebastian Dreyer - Sitar & Surbahar
24.04. BAD KREUZNACH: Pulsar Trio - Sitar, Piano, Schlagzeug
25.04. JÜNKERATH: Pulsar Trio - Sitar, Piano, Schlagzeug
25.04. AACHEN: Indrajit Roy Chowdhury - Sitar
25.04. GROSSRÄSCHEN (Cottbus): Sundaram & Friends: Mantrakonzert zum Mitsingen
25.04. REGENSBURG: Satyaa & Pari - Kirtan
25.04. BERLIN: Sebastian Dreyer - Sitar & Surbahar
26.04. DRESDEN: Sundaram & Friends: Mantrakonzert zum Mitsingen (Kirtan)
26.04. RASTATT: Subrata De, Sitar
26.04. FRANKFURT/M.: Indrajit Roy Chowdhury - Sitar
27.04. LEVERKUSEN-HITDORF: Indrajit Roy Chowdhury - Sitar
27.04. POTSDAM: Sebastian Dreyer - Sitar & Surbahar
30.04. GB - LONDON: SitarStation
30.04. STUTTGART: Monalisa Ghosh - Odissi-Dance
01.05. STUTTGART: Monalisa Ghosh - Odissi-Dance
02.05. BERLIN: Sebastian Dreyer - Sitar & Surbahar
03.05. BRANDENBURG: Sebastian Dreyer - Sitar & Surbahar
04.05. BERLIN: Sebastian Dreyer - Sitar & Surbahar
08.05. MÜNSTER: Sundaram & Friends: Mantrakonzert zum Mitsingen (Kirtan)
09.05. BADEN-BADEN: Subrata De - Sitar
09.05. A - SCHRUNS: Indian Air
09.05. ESSEN: Sahana Banerjee - Sitar
09.05. AALEN: Partho Sarothy - Sarod
10.05. BADEN-BADEN: Subrata De - Sitar
10.05. RASTATT: Yogendra, Sitar
10.05. WEMMETSWEILER: Yogendra - Sitar
13.05. AACHEN: Sougata Roy Chowdhury - Sarod
14.05. A - IMST: SitarStation
14.05. BAD MEINBERG: Sundaram & Friends: Mantrakonzert zum Mitsingen (Kirtan)
15.05. BAD MEINBERG: Satyaa & Pari - Kirtan
16.05. LAUTERBACH: Pulsar Trio - Sitar, Piano, Schlagzeug
16.05. BAD HERRENALB: Sougata Roy Chowdhury - Sarod
16.05. DARMSTADT: Debanjan Bhattacharjee - Sarod
16.05. STUTTGART: Subhankar Chatterjee - Vocal
16.05. COTTBUS: Sebastian Dreyer - Sitar & Surbahar
17.05. ERFURT: Sebastian Dreyer - Sitar & Surbahar
17.05. STUTTGART: Subhankar Chatterjee - Vocal
17.05. FRANKFURT/M.: Sougata Roy Chowdhury - Sarod
18.05. HALLE: Sebastian Dreyer - Sitar & Surbahar
18.05. LEVERKUSEN-HITDORF: Sougata Roy Chowdhury - Sarod
19.05. ESSEN: Sougata Roy Chowdhury - Sarod
20.05. KÖLN: Hariprasad Chaurasia - Bansuri
23.05. KASSEL: Sahana Banerjee - Sitar
28.05. BIELEFELD: Sahana Banerjee - Sitar
28.05. DARMSTADT: Swami Gurusharanananda - Kirtan
30.05. BERLIN: Sebastian Dreyer - Sitar & Surbahar
30.05. BONN: Deva Premal & Miten - Chants
30.05. AACHEN: Sahana Banerjee - Sitar
31.05. RASTATT: Somabanti Basu, Sarod


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