Rundbrief Januar / Februar 2012

Inhalt

1. Harmonium Paloma Companion - Neuheit
2. Taschen für Sitars & Bansuris - Neuheiten
3. RiyazStudio Software - Updates
4. Tablamaschinen, Koffer, Sitars, etc. - Sonderangebote
5. India Instruments - Rückblick 2011
6. Die Stimme der Sarangi - Nachruf Sultan Khan
7. Klangtrance - Mensch-Musik-Bewusstsein
8. Konzertkalender - Februar / März
9. Indische Klassik (1) - Vom Färben des Geistes

 


1. Harmonium Paloma Companion
- Neu im Sortiment -


Mit seinem geringen Gewicht und sparsamen Abmessungen ist unser neues Harmonioum-Modell Paloma Companion der perfekte Begleiter für Mantras und Kirtans unterwegs und zu Hause - leicht, kompakt, robust, angenehm in der Handhabung und doch ein vollwertiges Harmonium mit einem warmen, runden Klang. Das kleine Format wird erreicht durch einen etwas reduzierten Tonumfang - ganz ohne umständliche und anfällige Klapp- oder Faltmechanismen.

Das Paloma Companion ist ideal für alle, die Wert auf hohe Qualität legen, denen aber das Paloma Premium und das Paloma Compactina zu groß, zu schwer oder zu teuer ist. Die 27 Töne von g bis a reichen über 2 1/4 Oktaven und decken damit den Tonumfang fast aller gebräuchlichen Mantras und Kirtans ab. Hochwertige Doppelzungen sorgen für gute Ansprache und einen warmen, vollen Klang. Die Paloma-typischen seidenmatten Oberflächen in Naturholzoptik schmeicheln Auge und Hand gleichermaßen.

Die präzise Verarbeitung sorgt für gute Geläufigkeit der Tastatur und langfristige Dichtheit der Luftkammern. Baubedingt ist der Innenbalg des Paloma Companion allerdings erheblich kleiner als bei normal großen Harmoniums. Dadurch bekommt das Companion einen etwas kürzeren "Atem", so dass beim Akkordspiel oder für gleichmäßig hohe Lautstärke besonders schnell und intensiv mit dem Außenbalg nachgepumpt werden muss.

Das Paloma Companion ist ab sofort für 490,- Euro (zzgl. 6,90 Euro Versandkosten) bei uns erhältlich. Nähere Infos hier.


2. Taschen für Sitars & Bansuris
- Neu im Sortiment -


Gute Nachricht für alle Flötenspieler: Ab sofort führen wir auch spezielle Taschen für Bansuris! Die Taschen haben innen ein stabiles Kunststoffrohr und sind außen mit robustem Nylongewebe mit Tragegriff / Schultergurt umkleidet. Das innere Rohr bietet Platz für mehrere Bansuris nebeneinander. Die genaue Zahl hängt vom Durchmesser der Bansuris ab. Wenn die Bansuri im inneren Rohr Bewegungsspielraum haben, sollten sie mit etwas Polstermaterial wackelfrei fixiert werden. Momentan haben wir die Bansuritaschen in den Längen 78 cm, 81 cm und 91 cm. Der Preis liegt unabhängig von der Länge bei 29,- Euro (zzgl. 6,90 Euro Versandkosten).

Auch für Sitaristen gibt es jetzt neue Taschen. Sie verfügen über eine extra dickere Polsterung und sind als Single-Tumba-Tasche für 119,- Euro (ohne oberen Resonator) oder als Double-Tumba-Tasche für 129,- Euro (mit Platz für oberen Resonator) erhältlich (zzgl. 6,90 Euro Versandkosten). Preislich liegen sie damit etwa auf dem gleichen Niveau wie einfache Hartpappekoffer. Damit verglichen sind sie aber wesentlich langlebiger, leichter und handlicher. Die extra gepolsterten Sitartaschen sind deshalb eine optimale Lösung für alle, die oft mit ihrem Instrument in der Hand unterwegs sind. Die billigeren, nahezu ungepolsterten Sitartaschen, die wir früher angeboten haben, verkaufen wir jetzt nicht mehr, da sie einfach zu wenig verlässlichen Schutz für die Instrumente bieten.



3. RiyazStudio Software - Erweiterungen
- Neu im Sortiment -


Für die immer beliebter werdende Tabla-, Tanpura- und Bordun-Software RiyazStudio gibt es jetzt neue Erweiterungen. Neben den bisherigen Talas Teental, Ektal, Rupaktal, Jhaptal, Addhatal (Sitarkhani/Punjabi), Keherwa, Dadra, Deepchandi und Jhoomra sind jetzt auch Ada Chautal, Mattatal, Tilwada und Soolfakta integriert. Alle Talas sind live auf Tabla eingespielt und nicht aus einzelnen Samples montiert. Und als besonderes Extra gibt es jetzt auch Chautal und Dhammar, gespielt von Manik Munde auf Pakhawaj. Wer bereits einen Registrierungscode für RiyazStudio besitzt, kann die neuen Talas als kostenloses Upgrade herunterladen: www.riyazstudio.com/download.html . Und für alle, die RiyazStudio jetzt erst neu kaufen, sind die neuen Talas automatisch mit dabei.

Ebenfalls ganz neu ist ein Tanpura-Upgrade, das als optionales Add-On die festen Tanpura-Loops in RiyazStudio ersetzen oder auch separat eingesetzt werden kann. Das Tanpura-Upgrade bietet zahlreiche Einstellungsmöglichkeiten - verschiedene Tonkombinationen und Rhythmen, unterschiedliche Tanpuragrößen, Doppelung mit hoher Tanpura, Anpassungsmöglichkeiten für Obertöne, Bass, Intonation variabler Töne wie Ni oder Re und für Brücken-, Anschlags- und Einschwingcharakteristik. Dank all dieser Funktionen lassen sich faszinierend unterschiedliche Tanpuraklänge erstellen, die ganz eigene Atmosphären schaffen und so den einzigartigen Charakter der verschiedensten Ragas optimal unterstützen. Die Grundfunktionen des Tanpura-Upgrades sind in die aktuelle Version von RiyazStudio integriert und können von Besitzern von Registrierungscodes auf dem o.g. Link kostenfrei heruntergeladen werden. Für die Nutzung aller neuen Tanpurafunktionen ist allerdings ein kostenpflichtiges Upgrade erforderlich, das bei India Instruments für 29,- Euro erhältlich ist.

Weitere Details und auf www.riyazstudio.com/newtanp.html



4. Tablamaschinen, Koffer, Sitars, etc.
- Sonderangebote -


Die Inventurarbeiten zum Jahresende haben wieder einiges in den entlegeneren Winkeln von India Instruments zum Vorschein gebracht: 2nd-Hand Instrumente, Musterstücke, Restbestände, Mängelexemplare und Sonstiges, was wir nicht in unserem regulären Sortiment im Internet anbieten. All das haben wir jetzt fotografiert, beschrieben und auf unserer Sonderangebotsseite eingestellt. Und aus diesem Anlass haben wir die Seite auch überarbeitet und thematisch geordnet, so dass man jetzt leichter finden kann was man sucht.

Aktuell gibt es u.a.
- Tablamaschinen und Tanpurakoffer zum halben Preis
- Sitars von 290,- bis 1.590,- Euro
- die neuwertigen Elektro-Instrumente Swar Sudha und Mridanga Talam
- eine bunte Auswahl an Streich- und Zupfinstrumenten und Percussion

Schauen Sie doch mal rein auf www.india-instruments.de , scrollen Sie sich durch und stöbern Sie! Ausführlichere Infos und weitere Bilder gibt es jeweils per Klick auf den rotbraun gesetzten Titel.



5. India Instruments - Rückblick 2011
- Firmen-info -


2011 war für India Instruments in vieler Hinsicht ein erfreuliches Jahr. Ein herzliches Dankeschön an all unsere Kunden und Freunde, die das mit Einkäufen ermöglicht oder unsere Arbeit mit Empfehlungen, Rückmeldungen, Infos und ehrenamtlicher Hilfe unterstützt haben!

Der Verkauf von Harmoniums und Shrutiboxen, auch über unsere Vertriebspartner, hat dabei eine besondere Rolle gespielt. Das scheint vor allem eine Folge der seit Jahren langsam aber stetig anschwellenden Yoga-Welle in Mitteleuropa zu sein. Das Harmonium ist aus dem traditionsbewussten Rezitieren und Singen von Mantras und Bhajans einfach nicht wegzudenken. Und India Instruments hat offenbar viele Yogis durch hohe Qualität, große Auswahl, kompetente Beratung, Zuverlässigkeit und guten Service auch bei Harmoniums überzeugt. Darüber freuen wir uns sehr!

Der stetig gewachsene Umsatz hat auch eine Erweiterung unserer Geschäftsräume nötig gemacht. Zusätzlich zu den bisherigen Ausstellungs- und Lagerrräumen gibt es jetzt in der Fischerhüttenstraße in Berlin-Zehlendorf einen eigenen Raum zum Lagern von Verpackungsmaterial und für die Versandvorbereitung der Instrumente sowie eine eigene Werkstatt für Wartung, Reparaturen und Restaurierungen. Beide Räume bieten uns auch zusätzliche Lagerkapazitäten für Instrumente. Die wollen wir nutzen, um in Zukunft möglichst alle gängigen Instrumente möglichst immer für sofortige Lieferung vorrätig zu haben.

Zur Jahresmitte gab es auch eine kleine personelle Veränderung. Unser Geschäftsführer Norbert Klippstein wird jetzt wieder laufend unterstützt von Firmengründer Yogendra. Während Norbert weiter den Laden in Berlin am Laufen hält, Kundenbesuche empfängt, Telefonate annimmt, Instrumentenanlieferung und -versand organisiert und Zahlungsverkehr, Steuern und Buchhaltung verwaltet, kümmert sich Yogendra per mobilem Netzzugang um den täglichen eMail-Verkehr und diverse Hintergrundarbeiten. Durch diese Aufteilung ergibt sich mehr Spielraum, Zuverlässigkeit und Geschwindigkeit bei der Erledigung der anfallenden Aufgaben. Und wir hoffen, dass auch all unsere Kunden und Freunde davon profitieren werden.

Für 2012 hoffen wir weiterhin auf Ihre / eure Unterstützung und wünschen Ihnen / euch Freude, Glück und Gesundheit!



6. Die Stimme der Sarangi - Sultan Khan
- Nachruf von Yogendra -


Der wunderbare Sarangimeister und Sänger Sultan Khan ist am 27.11. im Alter von 71 Jahren nach längerer Krankheit gestorben. Durch seine enorme Vielseitigkeit und seine Doppelbegabung als Instrumentalist und Sänger mit unverwechselbarer Charakterstimme ist er in den vergangenen Jahrzehnten DIE Stimme der Sarangi gewesen. Für seine Verdienste um die Musik wurde er zweimal mit dem Sangeet Natak Akademi Award ausgezeichnet und erhielt 2010 auch den dritthöchsten indischen Staatsorden Padma Bhushan.

Sultan Khan wurde 1940 in einer Musikerfamilie im kleinen Fürstentum Sikhar in der Nähe von Jaipur geboren. Sarangi lernte er von Kindesbeinen an bei seinem Vater Gulab Khan. Später vertiefte er sein Wissen bei dem großen Sänger Amir Khan. Seinen ersten großen  öffentlichen Auftritt hatte er mit elf Jahren auf der All India Music Conference. Mit 20 Jahren begann er seine Karriere bei All India Radio in Rajkot (Gujarat). Dort hatte er nach einigen Jahren Gelegenheit, die legendäre Bollywood-Sängerin Lata Mangeshkar zu begleiten. Diese Begegnung öffnete ihm die Türen nach Mumbai, wo er zwar zunächst weiter für All India Radio arbeitete, sich aber bald auch einen hervorragenden Ruf in der klassischen Musikszene und in Bollywood-Kreisen erspielte. International bekannt wurde Sultan Khan schließlich 1974 auf George Harrison's Dark Horse Tour, wo er als Mitglied einer Gruppe indischer Musiker unter Leitung von Ravi Shankar zu hören war.

Sein bescheidener und freundlicher Charakter und seine musikalische Flexibilität und Vielseitigkeit machten Sultan zu einem gefragten klassischen Gesangsbegleiter. So spielte er u.a. mit Amir Khan, Bade Ghulam Ali Khan, Omkarnath Thakur, Salamat und Nazakat Ali Khan und Kishori Amonkar. Eine besondere freundschaftliche Beziehung verband ihn mit Zakir Hussain, mit dem er sich zahlreiche Konzerte und Plattenaufnahmen teilte - gleichberechtigt gab es jeweils ein ausführliches Tablasolo mit Sarangibegleitung und ein Sarangisolo mit Tablabegleitung. Auch unter eigenem Namen veröffentlichte er zahlreiche klassische Aufnahmen.

Seine unkomplizierte Offenheit führte Sultan Khan aber auch weit über die traditionelle klassisch indische Musik hinaus. Seine Sarangi und seine Stimme sind in zahlreichen erfolgreichen Bollywood-Soundtracks der 1990er und 2000er Jahre zu hören. Auch in großen westlichen Filmproduktionen hat Sultan Khan mitgewirkt (u.a. Gandhi und Heat and Dust). Und schließlich hat er auch in der Weltmusikszene mit den verschiedensten Musikern aus aller Welt zusammengespielt. Am bekanntesten geworden ist dabei wohl die Zusammenarbeit mit Zakir Hussain und dem amerikanischen Bassisten Bill Laswell unter dem Namen Tabla Beat Science.

Zahlreiche Aufnahmen mit Sultan Khan sind bei India Instruments erhältlich unter www.india-instruments.de


7. Klangtrance - Mensch-Musik-Bewusstsein
- Fortbildung mit Dr. Peter Heß -


Eine insgesamt zweijährige musikpsychotherapeutische Fortbildung in Klangtrance bietet ab März der renommierte Neurologe, Psychiater und Musiktherapeut Dr. med. Peter Heß (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Vertreter von Klangmassagen mit Klangschalen) an. Dabei werden u.a. zahlreiche indische Instrumente wie Tanpura, Tabla, Swarmandal, Shrutibox, Harmonium und Flöten eingesetzt. Auch Grundprinzipien verschiedener Ragas und Talas spielen eine Rolle. Dank des Aufbaus aus 12 in sich abgeschlossenen Modulen kann die Klangtrance-Fortbildung nicht nur als Ganzes absolviert werden, sondern es ist auch die Teilnahme an einzelnen Modulen möglich.

Laut Peter Heß sind in der klassischen indischen Musik, anders als in der westlichen Klassik, noch viele Elemente und Brücken zu archaischen Urformen erhalten. In der Klangtrance und deren heilsamem Einsatz geht es darum, mit Hilfe obertonreicher Instrumente und Prinzipien von Basisklängen und Rhythmen zum Ursprung der Menschheitsentwicklung zurückzukehren und sie neu in unsere heutige Zeit zu integrieren. So wie im Mutterleib alle Menschen ähnliche Erfahrungen gemacht haben, egal aus welchem Kontinent, welcher Kultur oder welchem Volk sie stammen, wurden zu Beginn der Menschheitsgeschichte ähnliche Musikinstrumente und Rituale entwickelt für Kommunikation, Heilungszeremonien und spirituelle Praxis. Die heutige hochentwickelte Kunstmusik mit ihren Perfektionsansprüchen hat die meisten Menschen von diesen Ursprüngen eher getrennt und das Feld Berufsmusikern und Vermarktungsstrategen überlassen.

Bei der Fortbildung sollen Menschen angesprochen werden, die einen vertieften Zugang zu ihrer eigenen (spirituellen) Musikpraxis herstellen möchten und / oder sie in ihrer therapeutischen Tätigkeit einsetzen möchten. Sie soll auch bei Fragen helfen wie: Wie kann ich meine indische Musikpraxis besser in unsere westliche Zivilisation integrieren? Wie erreiche ich meine Zuhörer besser? Wie gestalte ich ein gutes Setting für Konzerte, Seminare oder Heilungszeremonien? Muss man an indische Gottheiten glauben, um bestimmte Ragas oder Talas spielen zu können? Wie finde ich meine eigene Musik?

Ausführlichere Infos, Modul-Themen, Termine und Preise auf web.mac.com/sound2trance


8. Konzerte - Februar / März
- Szene-Info -


Der Winter ist Hochsaison für Konzerte in Indien - viele indische Musiker sind jetzt dort unterwegs, so dass für die nächsten Monate nur relativ wenige Termine auf unserem Konzertkalender stehen. Ausführlichere Infos und weitere Termine für 2012 wie immer auf unserem Konzertkalender.

9.2. DEN HAAG (NL): MEENAKSHI SRINIVASAN - Bharata Natyam Tanz
10.2. PARIS (F): MEENAKSHI SRINIVASAN - Bharata Natyam Tanz
11.2. PARIS (F): MEENAKSHI SRINIVASAN - Bharata Natyam Tanz
26.2. UTRECHT (NL): BAHAUDDIN DAGAR - Rudra-Vina
8.3. LÜBECK: INDIGO MASALA - Acoustic Asian World Fusion
9.3. BERLIN: INDIGO MASALA - Acoustic Asian World Fusion
10.3. BERLIN: AMELIA CUNI - Dhrupad-Gesang
23.3. WIEN: RINA CHANDRA - Bansuri



9. Indische Klassik (1) - vom Färben des Geistes
- Hintergrundtext von Yogendra -


Die klassische indische Musiktradition und ihre Instrumente sind die Grundlage für die Arbeit von India Instruments. Aber was hat es mit dieser Tradition auf sich? In einer 7-teiligen Reihe bringen wir eine Einführung für Einsteiger.

Klassische indische Musik (1) - Spiritualität: Vom Färben des Geistes
Nada Brahma - "Gott ist Schwingung" oder "die Welt ist Klang" ist eine zentrale Vorstellung altindischer Philosophie. Die Ansicht, dass das Gewebe des Kosmos ein interaktiver Tanz feinster Schwingungen sei, findet sich bereits im Natya Shastra, einem Grundlagenwerk der indischen Kunsttheorie, das wahrscheinlich zwischen 200 v. Chr. und 200 n.Chr. entstanden ist - und sie wird von der modernen Physik heute eindrucksvoll bestätigt.

Hörbare und unhörbare Schwingung
Die feinsten Schwingungen, Anahata Nada ("umangeschlagene Schwingung"), sind nach indischer Lehre nur innerlich nach langjähriger Übung in tiefer Meditation erfahrbar. Leichteren Zugang zur Schwingungsebene bieten die hörbaren Klänge, Ahata Nada ("angeschlagene Schwingung"). Auch Musik ist Nada, Schwingung, und so kann der Mensch im Musik-Erleben - ob als Musiker oder als Zuhörer - besonders leicht und unmittelbar seines Eingebundenseins in das Gewebe des Kosmos gewahr werden.

Gefühle als Tor zur Essenz
Im Natya Shastra wird dargelegt, dass sich alle menschlichen Gefühle auf acht essenzielle emotionale Qualitäten zurückführen lassen: Liebe, Heiterkeit, Mitleid, Schrecken, Mut, Furcht, Ekel und Erstaunen. Im Alltag durchleben wir diese Gefühle in den verschiedensten Mischungen. Wenn aber beim Musizieren eine essentielle Emotion zum Ausdruck kommt, wird es möglich, sie ohne persönliche Betroffenheit in Reinform zu erleben. Durch dieses Erleben, genannt Rasa (wörtl. "Saft" oder "Essenz"), kann sich die Identifizierung mit der begrenzten individuellen Persönlichkeit lösen und ein Zugang zu transpersonaler Glückseligkeit öffnen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein  "angenehmes" (z.B. Heiterkeit) oder ein "unangenehmes" (z.B. Ekel) Rasa handelt - wenn das Erleben bis zur Essenz geht, dann wird jedes Rasa zur transformierenden Kraft, die das kleine Alltags-Ich auflöst und mit dem großen Ganzen verschmilzt.

Die Kraft des Raga
Der Schlüssel zum mystischen Einheitserleben in der indischen Musik heißt Raga. Einer bekannten Definition gemäß ist Raga "das, was den Geist färbt". In den klassischen Musiktraditionen Nord- und Südindiens gibt es hunderte von Ragas, von denen einige dutzend allgemein bekannt sind, manche aber auch nur in mündlicher Schüler-Lehrer-Tradition überliefert werden. Jeder Raga hat eine ganz eigene, für Eingeweihte unverwechselbare melodische Gestalt. Diese Melodiegestalt entsteht durch ein ausgefeiltes Regelwerk, das für jeden Raga genau festlegt, welche Töne aufwärts gespielt werden dürfen und welche abwärts, wo Melodiebögen beginnen oder enden, wie Verzierungen zu verwenden sind, welche Töne stark oder schwach oder völlig verboten sind, etc. etc. Wenn all diese Regeln befolgt werden und wenn es beim Spielen gelingt, sich tief auf die ganz individuelle Ausdrucksqualität des gewählten Ragas einzustimmen, wenn zudem Ort und Zeit richtig gewählt sind, dann wird eine Raga-Performance zur mystischen Erfahrung. Unter besonderen Umständen soll ein Raga sogar auf magische Weise die Naturkräfte beeinflussen können: Die Musiker-Familie Mallik berichtet, dass ihre Vorfahren in Darbhanga 1788 eine gefährliche Dörreperiode beendet und so eine Hungersnot abgewendet haben, indem sie einen Monsun-Raga sangen und damit Regen herbeibeschworen.

Von Stille zu Extase
Das "Färben des Geistes" mit Rasa braucht Zeit - eine Stunde für das Spiel eines einzigen Ragas ist keine Seltenheit. Zunächst legt das Saiteninstrument Tanpura im Raum einen schillernden Klangteppich aus, auf den Musiker wie Zuhörer sich einschwingen und dessen ununterbrochen gespielter Grundton als Fundament für den Aufbau der Raga-Gestalt dient. Darauf werden die ersten Melodietöne angespielt oder gesungen, langsam und meditativ zunächst, Stück für Stück gelassen die Gestalt des Raga enthüllend, im Laufe der Zeit immer komplexer und ausgreifender, immer neue Details offenbarend, sich verdichtend zu einem melodischen Pulsieren, das kaum merklich schneller und dichter wird und irgendwann die Rhythmusbegleitung mit einlädt, anfangs in ruhig schreitendem Tempo, in weiten kreisenden Bögen, aber allmählich lebhafter und expressiver, spontane Dialoge von Melodie und Rhythmus spinnend, schneller und immer schneller werdend, immer virtuoser und dynamischer, bis schließlich in einem brillanten Feuerwerk ein wirbelnder extatischer Schlusshöhepunkt erreicht wird.

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