Rundbrief September / Oktober 2015

Inhalt

1. Markennamen - Ideal und Wirklichkeit
2. Kirtan (7) - Die Welt des Qawwali
3. Maihar in Germanistan (4/6) - Partha Chatterjee
4. Einmal Indien und zurück: Die Harmonium-Story (4/5) - Sterben im Westen
5. Jais Blog - Ali Akbar Khans göttliche Musik
6. Workshops - Oktober bis Dezember    
7. Konzerte - Oktober & November

 


1. Markennamen - Ideal und Wirklichkeit
Hintergrundinfo von Yogendra -


India Instruments hat von Anfang an darauf gesetzt, indische Musikinstrumente so weit wie möglich unter den Markennamen der Hersteller anzubieten - anders als viele andere Händler, die bewusst anonyme Ware verkaufen. Im Idealfall steht ein Markenname vor allem für ein bestimmtes verlässliches Qualitätsniveau. Damit schafft die Marke gerade dort, wo viele Käufer die Qualität schwer selbst beurteilen können, das nötige Vertrauen für einen funktionierenden Markt. Für diese Leistung ist auch ein gewisser Preisaufschlag gerechtfertigt, denn eine Marke zu etablieren ist ein langwieriger und aufwändiger Prozess. Problematisch wird es allerdings, wenn eine Marke den eigenen Ansprüchen nicht gerecht wird und sich dadurch zwischen Ideal und Wirklichkeit eine Lücke auftut. Der Skandal um die im großen Stil manipulierten Abgaswerte bei VW zeigt, wie sehr selbst eine etablierte Weltmarke durch eine solche Diskrepanz ins Wanken geraten kann.

hemenKein indischer Instrumentenbauer macht heute mehr vom Schlagen des Holzes bis zur Feineinstellung des fertigen Instruments alles in Eigenarbeit. Jeder ist auf Zulieferer für Rohmaterialien und für mehr oder weniger viele Instrumententeile angewiesen. Deren Qualität kann schwanken und muss ständig überwacht werden. Qualifizierte und zuverlässige Mitarbeiter zu finden, ist ein weiteres Problem. Handwerkliche Arbeit wird in Indien schlecht bezahlt und hat einen niedrigen sozialen Status. Viele Instrumentenbauer kämpfen auch mit Schwierigkeiten bei der Infrastruktur. In den dicht gedrängten indischen Städten fehlt es an bezahlbaren Lager- und Arbeitsräumen und an verlässlicher Logistik. Nicht zuletzt sind klimatische Widrigkeiten zu bewältigen, die z.B. mit hoher Luftfeuchtigkeit das Aushärten von Lacken erschweren, oder mit Überflutung von Werkstätten, Lagern oder Transportwegen im Monsun gleich den ganzen Betrieb lahmlegen.
Paloma
Angsichts solcher Schwierigkeiten ist es eine schwierige Aufgabe und verlangt von den Instrumentenbauern permanente Anstrengungen, die eigenen Qualitätsmaßstäbe zuverlässig zu erfüllen. Manche lösen diese Aufgabe überzeugend, viele lavieren sich so durch, und manche scheitern mit Pauken und Trompeten. Zum Beispiel Hemen & Co.: Sarods von Hemen galten jahrzehntelang als die absoluten Top-Instrumente. Und auch Hemens Tanpuras und Sitars hatten einen ausgezeichneten Ruf, für den hohe Preise gezahlt wurden. Aber als der Gründer Hemen Chandra Sen 2010 verstarb und seine Söhne die Firma übernahmen, fiel das Qualitätsniveau innerhalb weniger Jahre drastisch ab und jegliches Vertrauen wurde verspielt. Nach gut 20-jähriger Zusammenarbeit haben wir deshalb vor kurzem alle Hemen-Instrumente stillschweigend aus dem Sortiment genommen. Andere ehemalige Hemen-Partner werfen Hemen & Co. inzwischen sogar handfesten Betrug vor und sind mit Warnhinweisen an die Öffentlichkeit gegangen.

Ein positives Beispiel ist dagegen die Marke Paloma des Instrumentenbauers Haribhau Vishwanath, mit dem wir seit 2005 erfolgreich zusammenarbeiten. Bau und Lagerung der Eigenproduktion von Harmoniums und Shrutiboxen erfolgt mit einem langjährigen Mitarbeiterstamm in sauberen, klimatisierten Räumen und unter Einsatz einfacher elektrischer Maschinen. Damit sind wesentliche Voraussetzungen für ein gleichbleibend hohes Qualitätsniveau gegeben. Instrumente anderer Hersteller, die unter der Marke Paloma vertrieben werden, prüft die Firma vor dem Verkauf auf Herz und Nieren und bessert bei Bedarf noch nach. Und falls doch einmal etwas zu beanstanden ist, wird Ersatz oder Hilfestellung bei der Reparatur geleistet. Mit dieser rundum überzeugenden Markenpolitik ist Paloma heute einer der wichtigsten Harmoniumlieferanten für Mitteleuropa.

Markennamen bieten Käufern ebenso wie Händlern und Herstellern wichtige Orientierungshilfen. Blindes Vertrauen schafft aber Missbrauchsmöglichkeiten. Qualitätsstandards müssen deshalb immer wieder unabhängig überprüft werden - bei indischen Instrumenten ebenso wie bei VW. Diese wichtige Aufgabe übernehmen wir als hoch spezialisierter Fachhandel. Schon vor dem Versand aus Indien lassen wir durch unsere Vertreter vor Ort Kontrollen durchführen. Nur Instrumente, die unsere Checkkriterien erfüllen, gehen überhaupt auf die Reise. Und spätestens vor dem Verkauf an unsere Kunden prüfen wir jedes Instrument noch einmal sorgfältig im Detail in unserer Werkstatt in Berlin und nehmen bei Bedarf letzte Korrekturen oder Feineinstellungen vor. Mit den strengen deutschen Verbaucherschutzgesetzen im Hintergrund ist so gewährleistet, dass man bei India Instruments hochwertige Markenqualität bekommt, die hält was sie verspricht.

Hintergrundinfos zu indischen Instrumentenmarken.

Dokumentation eines Betrugsvorwurfs gegen Hemen & Co.

 


2.Kirtan (7) - Die Welt des Qawwali
Serie von Atul Krishna -


Kirtan wird seit etwa 20 Jahren auch außerhalb Indiens immer beliebter - und ebenso die indischen Instrumente, die zur Kirtan-Begleitung verwendet werden. Atul Krishna, selbst ein versierter Kirtan-Musiker, gibt in einer offenen Serie Hintergrundinformationen über Geschichte, Stile, Musiker und Instrumente des Kirtan.

Qawwali, die heilige Musik der Sufis (der Mystiker des Islam) in Pakistan und Indien, entstand im späten 13. Jahrhundert auf dem indischen Subkontinent und wurde vor allem an Sufi-Schreinen (den Dargahs) in Südasien gesungen. Die Lieder wurden von Sufi-Heiligen komponiert oder waren Vertonungen ihrer Gedichte. In den letzten Jahrzehnten ist diese Musik mit ihrem funky Harmonium, der treibenden Tabla und einer Bühne voller in höchsten Tönen und mit schönen Stimmen schreiender Sänger auch außerhalb der Sufi-Schreine sehr populär geworden und hat ihren Platz in der Weltmusik gefunden.

NusratNusrat Fateh Ali Khan war der Mann, der das Ansehen des Qawwali ein für alle Mal auf ein neues Niveau gebracht hat. Er wird als Shahenshah-e-Qawwali gesehen, als König der Könige des Qawwali. Er tourte intensiv auf der ganzen Welt, nahm dutzende Alben auf und gab zahllose legendäre Konzerte. Ihm ist es zu verdanken, dass Qawwali auch in Weltmusikkreisen Anerkennung fand. Sein Stimmumfang, seine Improvisationsgabe und seine pure Intensität sind unübertroffen. Er arbeitete auch mit bekannten westlichen Künstlern wie Peter Gabriel zusammen. Nach seinem Tod 1997 (im Alter von nur 48 Jahren) wurde Nusrats Qawwali-Gruppe von seinem Neffen Rahat Fateh Ali Khan übernommen. Der konnte die durch Nusrats Tod gerissene Lücke allerdings nicht schließen. Rahat wurde zwar ein international geachteter Musiker, wandte sich aber mehr dem lukrativen Playbackgesang für Bollywoodfilme zu.

AsifZum Glück für uns hatte Nusrat allerdings mehrere Schüler. Einer von ihnen ist Asif Ali Khan. Asif lernte 10 Jahre lang unter Nusrat und gründete 1996 seine eigene Qawwali-Gruppe. Sein erster Auftritt im Westen fand damals in Berlin statt. 19 Jahre später hatte ich Gelegenheit, ihn diesem August beim Wasser-Festival im Haus der Kulturen der Welt zu erleben, wieder in Berlin. Mir war vorher nicht bewusst gewesen, was für eine Wirkung Qawwali auf Menschen im Westen haben kann. Das Konzert war mit 200 - 300 Leuten gut besucht, und ab einem gewissen Punkt standen alle auf und begannen zu tanzen! Es war großartig - genau das, was bei einem Qawwali-Konzert passieren sollte!

Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch die Ähnlichkeiten zwischen Qawwali und Kirtan deutlich machen. Das Hauptprinzip von Kirtan ist das Singen in Ruf und Antwort. Dieses Call and Response wird auch im Qawwali praktiziert, allerdings nur zwischen Solist und Chorsängern. Im Kirtan dagegen antworten alle auf den Ruf des Solisten. Auch der Zweck der Musik ist ähnlich. Beim Kirtan geht es genau wie beim Qawwali darum, eine spezielle Art ekstatischer Trance zu erreichen. Die Lieder in beiden Stilen wenden sich vom mit Liebe erfüllten Herz an den Geliebten. Im Kirtan wird dabei die geliebte Gottheit angesprochen und der Qawwali wendet sich hauptsächlich an Allah.

Nachdem ich Asif Ali Khan gesehen habe, bin ich sicher, dass die Qawwali-Tradition in guten Händen ist, und dass wir diesen leidenschaftlichen, heiligen und groovigen Musikstil noch viele Jahre genießen können werden.

Nusrat Fateh Ali Khan live.
Asif Ali Khan live in Brussels.
Extended documentary trailer on Qawwali.
Qawwali CDs by Nusrat Fateh Ali Khan and various other Qawwals.
DVDs by Qawwali singer Abida Parveen.

 


3. Maihar in Germanistan (4/6) - Partha Chatterjee
Hintergrundgeschichte von Yogendra -


Die Maihar-Schule hat mit großen Meistern wie Ravi Shankar, Ali Akbar Khan, Nikhil Banerjee und Hariprasad Chaurasia die klassische indische Musik in den Westen gebracht und jahrzehntelang weltweit ihr Bild geformt. Wir erzählen ihre Geschichte und zeigen, wie auch die Szene für indische Musik in Mitteleuropa bis heute von Maihar-Musikern geprägt wird.

Partha ChatterjeeNeben Institutionen wie dem Ali Akbar College of Music Basel und der University of the Arts Rotterdam sind es vor allem frei arbeitende Einzelmusiker, die in Mitteleuropa mit Konzerten und Unterricht für die Etablierung der Maihar-Schule gewirkt haben. Besonders eindrucksvoll und stetig hat das jahrzehntelang der Sitarist Partha Chatterjee getan. In den 1980er Jahren war er erstmals in Mitteleuropa auf Tournee. In den 1990er Jahren folgte jährlich eine mehrwöchige Konzertreise mit Schwerpunkt in Deutschland und den Nachbarländern. Festes Element dieser Touren war damals immer auch ein mehrtägiger Intensivworkshop, der stetig weitere Resonanz fand und im Lauf der Jahre einen Kreis regelmäßig wiederkehrender Schüler anzog. Einige besonders Lernwillige vertieften ihre Studien auch mit Besuchen in Partha Chatterjees Haus in Kalkutta. Daraus entwickelten sich persönliche Bindungen, die es ermöglichten, die jährlichen Workshops in Deutschland auch dann als private Initiative in Eigenregie weiterzuführen, als mangels Management keine Konzerttourneen mehr stattfanden - bis heute.

Seine musikalische Prägung erhielt Partha Chatterjee von Nikhil Banerjee, einem direkten Schüler von Maihar-Gründer Allauddin Khan und dessen Sohn Ali Akbar Khan. Viele Kenner halten Nikhil Banerjee für den vollendetsten klassischen Sitaristen der 1960er bis 1980er Jahre. Die bewundernswerte geistige Tiefe seiner Musik war das Ergebnis einer kompromisslosen Fokussierung auf das Wesen der Ragas. Ausflüge in Crossover-Projekte hat Nikhil Banerjee nie gemacht. Auch die Verantwortung für offizielle Schüler hat er nie übernommen. Die einzige Möglichkeit von ihm zu lernen bestand darin, der täglichen mehrstündigen Übepraxis in seinem Haus in Kalkutta beizuwohnen, dabei für ihn die Tabla zu zu spielen und ihn bei Konzerten auf der Tanpura zu begleiten. Partha Chatterjee ist einer der ganz wenigen, die diesen Weg gegangen sind. So konnte er zwölf Jahre lang die Essenz von Nikhil Banerjees Musik verinnerlichen. Dabei hatte er anfangs keineswegs selbst eine Musikerkarriere anvisiert und auch erst relativ spät begonnen, intensiv selbst Sitar zu üben.

Nach Nikhil Banerjees frühem und überraschendem Tod 1986 setzte Partha Chatterjee seine Studien ab 1991 bei Ali Akbar Khan fort. Obwohl er durchaus erfolgreich in Indien, den USA und Europa konzertierte, fehlte ihm zum Durchbruch in die absolute Spitze allerdings die atemberaubende Virtuosität der ganz großen Meister. Aus der Not machte er aber gewissermaßen eine Tugend: Statt in Crossover-Experimente abzuschweifen oder sich mit technischen Kabinettstückchen zufrieden zu geben, entwickelte er, genau wie sein musikalisches Vorbild, sein Verständnis der Ragainterpretation in jahrzehntelangem unaufhörlichem Lernen, Üben und Studieren immer weiter. Anders als Nikhil Banerjee zeigte Partha Chatterjee aber auch eine große Leidenschaft darin, die Tiefen seiner musikalischen Vision an talentierte Schüler weiterzugeben. Ein fester Kreis von mehreren Dutzend Schülern lädt ihn deshalb seit vielen Jahren regelmäßig in die USA ein, um von ihm zu lernen. Und auch in Indien hat man seine Gabe erkannt: 2011 wurde er als Guru für Sitar an die Sangeet Research Academy (SRA) in seiner Heimatstadt Kalkutta berufen. An diesem einzigartigen Eliteinternat im Sinne der alten indischen Schüler-Lehrer-Tradition bereitet er seitdem einige der hoch begabtesten jungen klassischen Instrumentalisten Indiens auf Solokarrieren vor.

Mit Studenten in BerlinIn Mitteleuropa ist der Kreis von Partha Chatterjees Schülern klein aber treu. Wer nur mal schnuppern möchte, bleibt schnell wieder weg. Wer aber wirklich in die Welt der Ragas eintauchen und über jahre- oder jahrzehntelanges Lernen immer weiter ihre Tiefen ergründen möchte, der ist bei ihm richtig und kommt immer wieder. Dementsprechend werden seine Workshops kaum publik gemacht. Es geht ihm nicht darum, eine möglichst große Zahl von Menschen zu erreichen, sondern eine möglichst große Tiefe in den Menschen. Das braucht Vertrauen, Hingabe und viel, viel Zeit auf beiden Seiten. Aber die Mühe lohnt sich: Mit Sebastian Dreyer, Ulrich Kramer, Tony Clark, Henning Kirmse und dem Autor dieser Zeilen hat Partha Chatterjee schon einige Musiker so weit ausgebildet, dass sie selbst als konzertierende Künstler oder als Lehrer die Maihar-Tradition weitertragen können. Wohl nur so lässt sich Allauddin Khans kühne Vision verwirklichen, die Musik so weit zu verbreiten wie Sonne und Mond scheinen.

Website von Partha Chatterjee mit zahlreiche kurzen Videoclips.
Website der Sangeet Research Academy mit umfangreichem Material zu indischer Musik.

 


4. Einmal Indien und zurück: Die Harmonium-Story (4/5) - Sterben im Westen
Hintergrundgeschichte von Yogendra -


Das Harmonium ist heute fester Bestandteil vieler indischer Gesangsstile und der globalen Kirtan-Bewegung. Dabei ist es ursprünglich ein europäisches Instrument. Wie konnte es in Indien heimisch werden und sich von dort aus wieder in alle Welt verbreiten? Eine spannende Geschichte voller erstaunlicher Wendungen... In der dritten Folge hatten wir von der Kontroverse darüber berichtet, ob das Harmonium überhaupt geeignet sei für indische Musik, und von seiner daraus resultierenden Verbannung bei All India Radio ab 1940.

Während das Harmonium in Indien aus eher ideologischen Gründen in Bedrängnis geriet, erwuchs ihm im Westen eine viel existenziellere Gefahr: 1934 meldete der Amerikaner Laurens Hammond ein Patent auf ein Musikinstrument an, das auf rein elektromechanischem Weg musikalische Töne erzeugt. Seine Hammond-Orgel wurde ursprünglich als Ersatz für Pfeifenorgeln in Kirchen konzipiert. Wegen der aufwändigen Technik, der Größe und Schwere des Instruments und des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds in den USA während der Great Depression war zunächst nicht an eine weitere Vermarktung gedacht. Ende der 1930er Jahre wurden jährlich nur etwas über 2000 Stück gebaut. Von den Kirchen fand die Hammond-Orgel ihren Weg aber in den Gospel und den Jazz und begeisterte so im Lauf der Jahrzehnte immer weitere Kreise. Den Höhepunkt ihrer Beliebtheit erreichte sie in den 1960er und 1970er Jahren mit dem Einzug in Rock, Rhythm 'n Blues, Soul, Funk, Ska und Reggae.

OrganAls die Hammond-Orgel in den 1930er Jahren zunächst noch zaghaft ihren Siegeszug antrat, war die Entwicklung des Harmoniums im Westen in eine Sackgasse geraten. Die Versuche, seine physikalisch bedingten Schwächen bei der Dynamik und bei tiefen Tönen zu kompensieren und die musikalischen Gestaltungsmöglichkeiten durch zusätzliche Register und Manuale zu erweitern, führten zu immer komplizierteren Konstruktionen. Damit wurden neue Harmoniums aber auch immer schwerfälliger, teurer, wartungsintensiver und störanfälliger. Die Verwendung elektrischer Pumpvorrichtungen eliminierte zwar die mechanischen Geräusche der Bälge und machte das Spielen etwas bequemer, brachte aber keine musikalischen Vorteile. Und die in den 1950er Jahren neu auf den Markt gebrachten Mini-Harmoniums konnten kaum noch als vollwertige Instrumente gelten. Spätestens als ab den 1960er Jahren vollelektronische Heimorgeln die Wohnzimmer eroberten, war klar, dass das Harmonium gegen die Hammond-Orgel und deren Verwandte und Nachfolger keine Chance mehr hatte.

OrganDas Harmoniumsterben im Westen zog sich über mehrere Jahrzehnte hin. Estey, der größte Harmoniumhersteller in den USA, stoppte schon Mitte der 1950er Jahre die Harmoniumproduktion und schwenkte auf elektrische Orgeln um. Kleinere Firmen vor allem in Europa hielten dagegen noch länger durch. Z.T. bedienten sie dabei auch entlegenere Nischenmärkte in Südamerika, Afrika oder dem arabischen Raum, wo die elektrische Konkurrenz noch nicht so präsent war. Als aber 1986 der letzte große Hersteller von Harmoniumzungen in der damaligen DDR die Produktion aufgab und die dafür nötigen Maschinen verschrottete, war das Ende nicht mehr aufzuhalten. Um 1990 herum bauten die Firmen Lindholm im sächsischen Borna und Teck-Harmoniumfabrik im schwäbischen Kirchheim die letzten serienmäßigen Harmoniums in Deutschland. Heute ist von der vor 100 Jhren noch blühenden Harmonium-Industrie im Westen nur noch eine Liebhaber-Szene übrig geblieben, die vereinzelte kleine Werkstätten mit Reparaturen und Restaurierungsaufträgen am Leben erhält. Gebaut werden Harmoniums hierzulande dagegen nur noch ganz ausnahmsweise als Einzelstücke in Sonderanfertigung.



5. Jai's Blog - Ali Akbar Khans göttliche Musik
Notizen von Jai Uttal -


Jai Uttal, Schüler von Neem Karoli Baba und Ali Akbar Khan, ist seit Anfang der 1990er Jahre einer der Pioniere der Kirtan-Musik. Er hat 18 Platten veröffentlicht und dabei durch die Verbindung von indischen Traditionen mit westlichen Elementen immer wieder neue musikalische Horizonte erschlossen. Sein Album Mondo Rama war 2002 die erste Kirtan-Platte, die eine Grammy-Nominierung erhielt. Wir bringen in loser Folge Auszüge aus seinem Blog. Mehr von und über Jai Uttal hier.

Jai Uttal Ich habe Ali Akbar Khan zum ersten Mal live spielen hören, als ich im Herbst 1969 als Erstsemester am Reed College in Portland, Oregon, anfing. Ich hatte seine Musik schon viel gehört und manchmal mit der Gitarre dazu gejamt, aber ich hatte noch keine Gelegenheit gehabt, ein Konzert zu erleben. Als guter Hippiejunge bereitete ich mich mit einer kräftigen Dosis Meskalin vor, meiner damaligen Droge der Wahl. Auf meinem Platz in der ersten Reihe war ich wie hypnotisiert von der Musik. Aber nach dem Konzert ging das Feuerwerk für mich erst richtig los. Die Leute liefen herum, redeten über den nächsten Tag, und ich saß ehrfürchtig da und fragte mich, warum alle aufgestanden waren. Die Musik spielte doch weiter!!! Der Raga, der Tala, alles lief weiter, und ich war der einzige, der das bemerkte. Die Gespräche um mich herum WAREN der Raga und das Trapsen der Füße WAR der Tala. Ich erlebte eine göttliche Darbietung der Musik der Sphären, des Liedes des Lebens! Wir haben natürlich alle transzendentale Drogenerlebnisse, aber wie viele davon dauern länger an als bis zum nächsten Sonnenaufgang? Diese Erfahrung ist jedenfalls immer noch bei mir. Ali Akbar Khan hatte mich auf die Ebene reinen Klanges gebracht, wo die Musik Gott berührt, wo die Musik Gott IST. Und damit hat er mein Leben in neue Bahnen gelenkt.

Drei Monate später hatte ich, sehr zum Verdruss meiner Eltern, das Studium geschmissen und saß in der Anfängerklasse des Ali Akbar College Of Music in San Rafael, Kalifornien. Meine Gitarre und mein Banjo hatten ausgedehnten Urlaub im Flurschrank erhalten und ich hatte meine erste Sarod gekauft. Von da an bis zu seinem Tod bin ich ein Ab-und-An-Schüler des Meisters gewesen, den wir Khansahib nennen, oder manchmal einfach Baba. Zeitweise war ich wie besessen und übte täglich endlose Stunden, getrieben von dem Ehrgeiz, "großartig" zu werden. Aber meistens war ich ein furchtbarer Schüler, gut im Dabeisein, aber total faul wenn es ums Üben ging. Trotzdem hat Khansahib immer freimütig gegeben. Er sagte mir, ich solle einfach kommen und absorbieren. Er bot mir Preisnachlass an. Er ermutigte mich in jeder erdenklichen Weise, ein wahrer Musiker zu werden - ernsthaft, fürsorglich, respektvoll, beseelt. Immer wieder sagte er, dass Musik Medizin sei, dass Musik uns in die engste Verbindung mit Gott bringe.

Ali Akbar KhanAber vielleicht noch wichtiger war, dass Khansahib mich und viele andere in seiner Familie und seinem Heim willkommen hieß. Ich gab seinem Sohn Alam, heute selbst ein meisterhafter Sarodspieler, Stunden auf der E-Gitarre und sprach mit Baba über alle Probleme meines Lebens. Wir tranken Whiskey zusammen und er beehrte mich mit Geschichten aus seinem höchst erstaunlichen Leben. Ich arbeitete eng mit ihm an zwei Alben und lernte unendlich viel dabei. Allerdings war es nicht immer supereinfach, mit Khansahib abzuhängen und zu entspannen. Er schien immer mit einem Bein fest in der anderen Welt zu stehen während das andere nur sehr unbehaglich in dieser Welt platziert war. Und er akzeptierte nichts weniger als totale Offenheit und Echtheit. Trotzdem waren die Unterhaltungen mit ihm immer inspirierend und erhellend, manchmal witzig, und oft tief bewegend. Und er erinnerte uns immer und führte uns auf dem tiefen spirituellen Pfad der Musik.

Als meine Eltern in den 90er Jahren kurz nacheinander starben, führte mich Baba durch einige einfache aber sehr alte Rituale, die ihnen beim Übergang und mir durch meine Trauer helfen sollten. Und wenn ich mal wieder Beziehungsstress hatte, war er Meister ebenso wie Komiker. Alle seine Schüler lachen und reden über Khansahibs Fähigkeit, uns zu beleidigen und sich über uns zu beklagen, manchmal so scharf, dass wir lachen mussten um nicht in Tränen auszubrechen. Und wenn wir lachten, dann löste sich sein strenges Gesicht zu einem Grinsen und wir fühlten wieder seine Liebe. Er bat uns nur immer wieder zu üben. Unser Sadhana zu machen. Den Raga wie unseren Geliebten zu behandeln. Richtig zu spielen und zu singen.   

Von seinem Tod 2009 hörte ich, als ich mit meiner Familie in Frankfurt war, auf dem Heimweg von einer wunderbaren Reise nach Indien. Noch wenige Stunden davor hatte er Freunden, Schülern und Familienmitgliedern, die um ihn versammelt waren, eine letzte Unterrichtsstunde gegeben. Er starb wie er gelebt hatte, seine Schätze teilend mit allen, die zu ihm kamen. Den Tag darauf verbrachte ich bei einer wunderschönen Gedenkfeier und einer süßen, sanften Totenwache voller Tränen und Gelächter. Aber ich konnte mich lange nicht daran gewöhnen, dass er ncht mehr da ist, dass ich nicht in seinen Unterricht gehen kann, dass ich nicht einfach auf einen Besuch vorbeischauen kann. Wie Zakir Hussain so wunderbar bei der Gedenkfeier sagte: Khansahib ist jetzt befreit von seinen körperlichen Leiden und gibt da oben ein Konzert für Gott - der ganz sicher staunt, was für einen großartigen Job er gemacht hat mit dem Erschaffen dieses fantastischen Mannes, dieses Wunders der Musik.   

CDs von Ali Akbar Khan.

 


6. Workshops - Juni bis August
- Szene Infos -


Workshops sind eine gute Gelegenheit, neue Inspiration für die Beschäftigung mit indischen Instrumenen, indischer Musik und indischem Tanz zu bekommen und sein Verständnis zu vertiefen. Das möchten wir gerne fördern! Deshalb veröffentlichen wir regelmäßig eine Übersicht aktueller Workshoptermine hier im Rundbrief. Nähere Infos zu allen Angeboten und weitere Termine gibt es immer auf unserer Workshopseite.

Harmonium Paloma Premium


09.10. - 11.10. WEMMETSWEILER (Saarland): Sitar Intensiv - Tanas & Technik in Raga Bihag mit Yogendra
09.10. - 11.10. OY-MITTELBERG (Allgäu): Harmonium Lernseminar mit Jürgen Wade
11.10. BERLIN: Harmonium für Anfänger mit Reina Berger
16.10. - 18.10. OY-MITTELBERG (Allgäu): Harmonium Aufbauseminar mit Jürgen Wade
24.10. - 25.10. BERLIN: Indian Rhythm Workshop on Tabla and other Percussion Instruments (Indian and Western) with Indranil Mallick
16.10. - 18.10. OY-MITTELBERG (Allgäu): Harmonium Aufbauseminar mit Jürgen Wade
01.11. NÜRNBERG: Nada Yoga mit Sundaram
01.11. - 08.11. BAD MEINBERG: Nada Yoga Grundlagenausbildung mit Anne-Careen Engel
06.11. - 08.11. WANGERLAND (Nordsee): Harmonium Aufbauseminar mit Uma Marija Balic
20.11. - 22.11. BAD MEINBERG: Harmonium Lernseminar mit Jürgen Wade
27.11. - 29.11. BAD MEINBERG: Nada, Nadis und Chakras mit Anne-Careen Engel
04.12. - 06.12. BAD MEINBERG: Harmonium Aufbauseminar mit Jürgen Wade
04.12. - 06.12. GERODE (Harz): Nada Yoga - die heilende Kraft des Klangs mit Barbara Irmer, Carmen Mager, Frank Beese
04.12. - 06.12. BAD MEINBERG: OM & der Grundton - eine Quelle aus Klängen mit Anne-Careen Engel
11.12. - 13.12. HEMMOOR (Nordsee): Sitar - Schritt für Schritt: Raga Yaman mit Yogendra
26.12. - 31.12. BAD MEINBERG: Harmonium- und Kirtan Ferienwoche mit Devadas Mark Janku Anandini Einsiedel
27.12. - 01.01. OBERLAHR (Westerwald): Yoga Mantra Ferienwoche mit Sundaram

 


7. Konzerte - Oktober & November
- Szene-Infos -


Ausführlichere Infos, Ort und Zeit sowie weitere Termine für 2015 in unserem Konzertkalender.

Harmonium Kurs Roth Concert

04.10. RASTATT: Deepsankar Bhattacharjee - Sitar
04.10. SE - STOCKHOLM: Shujaat Khan - Sitar
06.10. BERLIN: Lokeshwari Dasgupta - Kathak Dance
08.10. BERLIN: Balaji També & Ensemble - Heilende Klänge aus Indien
09.10. BERLIN: Balaji Tambe & Ensemble - Heilende Klänge aus Indien
09.10. WALLERFANGEN: Sundaram & Friends - Mantras / Kirtan zum Mitsingen
10.10. AHRENSBURG: Balaji També & Ensemble - Heilende Klänge aus Indien
13.10. BERLIN: Anouraag - Indo-European Fusion music
15.10. BERLIN: Sonali Mishra - Odissi Dance
15.10. A - LANS: Indian Air16.10. ESSLINGEN: Siddharth Kishna - Sitar
16.10. FRANKFURT: Surnagama & Lokeshwari Dasgupta - Kathak Dance
17.10. LÜBECK: Monalisa Ghosh & Ensemble: Promila - Dance Theatre
17.10. B - BOITSFORT: Joachim Lacrosse - Sitar
18.10. RASTATT: Siddharth Kishna - Sitar
23.10. B - ROCHEFORT: Joachim Lacrosse - Sitar
23.10. ALTENBURG: Pulsar Trio - Sitar, Piano, Drums
23.10. STUTTGART: Manoi Baruah - Violine
23.10. BONN: Ashim Mallick - Sitar
24.10. HAMBURG: Anjan Saha - Sitar, Kaberi Sen - Dance
24.10. ERFURT: Yogendra - Sitar
24.10. MÖNCHENGLADBACH: Govinda Schlegel - Sarod
24.10. KÖLN: Sundaram & Friends - Mantras / Kirtan zum Mitsingen
24.10. STUTTGART: Monalisa Ghosh & Ensemble - Odissi Dance
25.10. STUTTGART: Monalisa Ghosh & Ensemble - Odissi Dance
25.10. BRAUNSCHWEIG: Yogendra - Sitar
25.10. DÜSSELDORF: Govinda Schlegel - Sarod
25.10. BADEN-BADEN: Abhisek Lahiri - Sarod
26.10. BERLIN: Manoj Baruah - Violin
27.10. BAD GANDERSHEIM: Yogendra - Sitar
29.10. BERLIN: Dvorak - Spiritual Harmony
30.10. GOTHA: Pulsar Trio - Sitar, Piano, Drums
30.10. STUTTGART: Ranajit Sengupta - Sarod
30.10. ESSLINGEN: Subroto Roy Chowdhury - Sitar
31.10. NÜRNBERG: Sundaram & Friends - Mantras / Kirtan zum Mitsingen
31.10. HAMBURG: World-Drum-Trio
31.10. STUTTGART: Ashim Chowdhury - Sitar, Ranajit Sengupta - Sarod
31.10. B - BRUXELLES: Joachim Lacrosse - Sitar
01.11. STUTTGART: Ashim Chowdhury - Sitar
01.11. RASTATT: Subroto Roy Chowdhury - Sitar
02.11. HAMBURG: Sanjay und sein Meister - Figurentheater mit Live-Musik
04.11. HANNOVER: Ravinder Singh Ranguwal & Ensemble - Bhangra Dance
04.11. BERLIN: Purna Das Baul & Papia Das Baul – vocals, khomok, ektara
04.11. HAMBURG: Sohini Debnath - Katha-Dance
05.11. HAMBURG: Sursangam - Raga & Folk Music Concert
06.11. HAMBURG: Sanjay und sein Meister - Figurentheater mit Live-Musik
06.11. HAMBURG: Sohini Debnath - Katha-Dance
07.11. HAMBURG: Night of India: Reclaim the Night and Dance!
07.11. STUTTGART: Subhankar Chatterjee - Vocal
07.11. HANNOVER: Pulsar Trio - Sitar, Piano, Drums
07.11. HAMBURG: Sanjay und sein Meister - Figurentheater mit Live-Musik
08.11. HAMBURG: Sanjay und sein Meister - Figurentheater mit Live-Musik    
08.11. DÜSSELDORF: Pulsar Trio - Sitar, Piano, Drums
08.11. STUTTGART: Subhankar Chatterjee - Vocal
09.11. LEVERKUSEN: Pulsar Trio - Sitar, Piano, Drums
09.11. BERLIN: Ravinder Singh Ranguwal & Ensemble - Bhangra Dance
09.11. HAMBURG: Sanjay und sein Meister - Figurentheater mit Live-Musik
13.11. GERA: Sundaram & Friends - Mantras / Kirtan zum Mitsingen
13.11. THIERSTEIN: Indian Air
15.11. NL - UTRECHT: Shahid Parvez - Sitar
20.11. A - WILDERMIEMING: Indian Air 4tet
21.11. A - INNSBRUCK: Indian Air 4tet
21.11. KÖLN: Satyaa & Pari - Kirtan Concert
21.11. STUTTGART: Neela Bhagwat - Vocal
22.11. STUTTGART: Neela Bhagwat - Vocal23.11. BONN: Meera Varghese - Indian Dance
26.11. NL - HAARLEM: Abhisek Lahiri - Sarod
26.11. A - LANS: SitarStation
28.11. A - WIEN: Satyaa & Pari - Kirtan Concert
28.11. STUTTGART: Sohini Dabnat - Kathak-Tanz
29.11. STUTTGART: Sohini Dabnat - Kathak-Tanz
29.11. NORTHEIM: Pulsar Trio - Sitar, Piano, Drums

 

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