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Indische Musik für die Niederlande - John Eijlers

Historische Perspektive von Eva-Maria van Straaten, Göttingen
(März 2013)

Mit der Ende 2012 erfolgten Schlieߟung des Tropentheaters in Amsterdam (siehe Rundbrief Januar / Februar 2013) scheint eine Ąra für Konzerte mit indischer Musik in den Niederlanden zu Ende gegangen zu sein. Eine der treibenden Kräfte hinter der Organisation von Veranstaltungen mit klassischer nordindischer Musik, klassischem indischem Tanz und indischen Volkstänzen war John Eijlers (1943 - 2004). Sein Engagement für indische Musik begann 1970 mit der Veranstaltung kleiner Konzerte in seiner Heimatstadt Abcoude und endete 1999, fast drei Jahrzehnte später, mit einem Konzert von Bansurispieler Hariprasad Chaurasia im Tropentheater. John liebte diese Musik leidenschaftlich und schrieb der nordindischen Klassik die Kraft zu, westlichen Hörern "eine Seinsweise zu eröffnen, die du anders nicht erfahren würdest". Sein Motiv dafür, diese Musik in die Niederlande zu bringen, drückt sich am besten in seiner Metapher aus: "Wenn ich ein Haus mit vielen Zimmern habe, die aber nicht alle bewohnt sind, dann öffnet diese Musik eines, das ansonsten verschlossen und staubig bliebe".

Aus Enttäuschung über seine Studien in Psychologie und Sozialpädagogik an der Universität Amsterdam, in denen ihm die Tiefe fehlte, brach John 1968 zu seiner ersten ܜberlandreise nach Indien auf. Er verband Indien damals vor allem mit Tagore, Ravi Shankar, Gandhi und Buddha, aber auch mit freundlichen und entspannten Menschen, wunderschöner Landschaft und der Gelegenheit, unbehelligt Hasch zu rauchen. Als John 1970 wieder in die Niederlande zurückkehrte, begann er im Jugendzentrum €Mahadma€ in Abcoude zu arbeiten und organisierte dort seine ersten Konzerte mit indischer Musik. 1973 wechselte er an die Mozes und Aaron Kirche in Amsterdam und startete dort wöchentliche Sitarkonzerte (u.a. mit Jamaluddin Bhartiya und Darshan Kumari, die beide zu der Zeit in den Niederlanden lebten) als Teil eines Projektes der Kommunalbehörden mit dem Ziel, mehr junge Touristen nach Amsterdam zu locken. Die Reihe wurde so erfolgreich für Touristen wie für Einheimische, dass John sie nach Auslaufen der Projektmittel selbständig weiterführte. Das Publikum interessierte sich damals vor allem für "den Osten", wie John in der Rückschau feststellte - es gab eine starke gefühlte Verbindung zwischen Meditation, Joints und Sitarmusik, die damals vor allem durch Ravi Shankars Beziehung mit den Beatles populär war. Hippies, die auf ihrem Trip über die Kirchenbänke balancierten, waren damals kein ungewöhnlicher Anblick - was von den Musikern, die in der Kirche spielten, nicht immer geschätzt wurde.

1974 bis 1976 ging John wieder nach Indien, und nach seiner Rückkehr veranstatete er ab 1977 wieder Meditationssessions und indische Konzerte in der Mozes und Aaron Kirche, nach wie vor auf freiberuflicher Basis. Anfangs nutzte er dabei das Wissen und das Netzwerk des Tropeninstituts, personifiziert vor allem im Musikethnologen Felix van Lamsweerde, der in Indien bei Vilayat Khan und Imrat Khan gelernt hatte und schon seit 1957 selbst auch Konzerte mit indischer Musik organisierte. In den folgenden Jahren baute John dann aber langsam sein eigenes Netzwerk auf. Die meisten damaligen Stars der nordindischen Klassik spielten mindestens einmal in der Mozes und Aaron Kirche, unter ihnen Nikhil Banerjee, Ravi Shankar, Ali Akbar Khan, Ram Narayan, Bhimsen Joshi, die Dagar Brothers, Imrat Khan, Shivkumar Sharma und Hariprasad Chaurasia. Während seiner Zeit an der Mozes und Aaron Kirche organisierte John meist zwölf Konzerte pro Jahr und erreichte damit in der Regel zwischen 250 und 500 Zuhörer. Obwohl die Akustik der Kirche eigentlich denkbar ungeeignet für klassische indische Musik ist, schätzten die Musiker, die aus Indien für Konzerte anreisten, die spirituelle Atmosphäre des Kirchenraums und das mittlerweile relativ fachkundige Publikum. Nicht zuletzt war John wegen seiner fürsorglichen persönlichen Betreuung - von der Abholung am Flughafen, über die gute Unterbringung, den Transfer zum Konzertort bis hin zur Versorgung mit genügend Keksen, um die Bäuche zu befriedigen - bei den Musikern auch als Gastgeber sehr beliebt.

In den folgenden Jahren dehnte John seine organisatorischen Aktivitäten auf Vredenburg in Utrecht und De Doelen in Rotterdam aus, angestoߟen durch das Drängen der niederländischen Regierung, die seine Arbeit inzwischen teilweise finanzierte, sein Programm bedeutender für einen gröߟeren Teil der niederländischen Bevölkerung zu machen. Radio- und Fernsehsender wie KRO, VPRO, NOS und Concertzender nahmen die Konzerte regelmäߟig auf und sendeten sie in Programmen wie €De Wandelende Tak€ und Horizon€. Als 1989 in der Mozes und Aaron Kirche wegen umfassender Restaurierungsmaߟnahmen keine Konzerte mehr stattfinden konnten, wurde John eingeladen, sein Programm im Tropentheater weiterzuführen. Dort setzte er seine Arbeit noch zehn Jahre lang erfolgreich fort, bis zum letzten Konzert 1999. Danach übernahm Francis de Souza seine Rolle und organisierte dort noch bis zur Schlieߟung des Tropentheaters am 1.1.2013 Konzerte mit klassischer nordindischer Musik.

Insgesamt betrachtet hat John eine wichtige Rolle dabei gespielt, klassische nordindische Musik in den Niederlanden bekannt und beliebt zu machen. Sein Einfluߟ mag dadurch illustriert werden, dass er Prinz Claus, den verstorbenen Ehemann der niederländischen Königin Beatrix, dazu bewegen konnte, 1988 ein Konzert von Ravi Shankar zu besuchen und LPs mehrer bedeutender indischer Musiker zu erstehen. Aber vor allem werden viele Musiker und Konzertbesucher, die er mit und durch diese Musik zusammenbrachte, die Energie und Liebe in Erinnerung behalten, die er in die Verbreitung klassischer nordindischer Musik in den Niederlanden einbrachte!