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Shamsuddin Faridi Desai - Troubadour Allahs

Nachruf von Thomas Meisenheimer
(September 2011)

Am 16.8. ist mit dem Rudra Vina-Spieler Shamsuddin Faridi Desai im Alter von 75 Jahren in Delhi der letzte große Sufi-Beenkar verstorben. Baba Shamsuddin, wie ihn seine Schüler nannten, wurde 1936 in Bhavnagar (Gujarat) geboren. Er lernte Sitar und Rudra Vina von seinem Vater Mohammed Khan Faridi, der aus der jahrhundertealten Tradition der Gauharbani Gharana stammte. Ab 1957 gab Baba Shamsuddin regelmäßig Sitarkonzerte für All India Radio in Ahmedabad. 1959 wechselte er zum National Orchestra von All India Radios in Delhi, wo er bis zu seinem Ruhestand 1997 arbeitete. Als Rudra Vina-Spieler wurde er erst ab 1980 durch seine Radiokonzerte bekannt. Baba Shamsuddin spielte ohne die sonst üblichen Mizrabs (Plektren). Charakteristisch für die Gauharbani Gharana und seinen persönlichen Stil waren seine ausgesprochen langen Meends (Ziehen der Saite). Außerhalb Indiens wurde seine Musik erst mit den CD-Veröffentlichungen 2002 bei Makar Records und 2005 bei India Archive Music gewürdigt.

Baba Shamsuddin gehörte dem islamischen Qadri Sufismus an. Für ihn war Musik eine Form des Gebets. "Allah ist verborgen in der Musik", sagte er. Die äußere Form der klassischen Dhrupad-Musik ließ Baba Shamsuddin während seines Ruhestands hinter sich. Seine Tonsprache war sehr eigenwillig und nicht leicht zugänglich. Mit ihrer Impulsivität und ihrem starken Ausdruck konnte sie die Türe zur mystischen Welt des Sufismus öffnen, wenn man bereit war sich darauf einzulassen. Es ging ihm darum, sich selbst und den Zuhörer in den Zustand der Entwerdung (arabisch: fana) und der Trance (arabisch: wajd) zu führen. Besonders gern spielte er an den Sufi-Schreinen in Delhi oder zu den Gedenkfeiern des bekannten Sufimeisters Hazrat Inayat Khan.

Die Begegnung mit Baba Shamsuddin bleibt für mich unvergesslich - seine Musik hat zutiefst mein Herz berührt und mich auf unmittelbare Weise die mystische Dimension der Ruda Vina erfahren lassen. Er wird in den Herzen derer, die ihn lieben, weiterleben. Es bleibt zu hoffen, dass sein Sohn Zahid Khan Faridi seine Tradition weiterführen wird.

Interview mit Shamsuddin Faridi Desai